Moin
Ein Artikel aus der Schwäbischen Zeitung mit zum Glück glimpflichen Ausgang...Bären-Attacke auf Wildhüter in Freizeitpark Tripsdrill
CLEEBRONN (dpa/SZOn) - Eine Bärin hat im Freizeitpark Tripsdrill in Baden-Württemberg bei der Fütterung ihren Wildhüter angegriffen und verletzt. Die Attacke in dem Park bei Cleebronn verlief nach Angaben des Opfers jedoch relativ glimpflich. „Die Hand ist in Gips, es wird wohl nur eine Narbe bleiben“, sagte Wolfgang Weller am Donnerstag.
Die 13-jährige Bärin „Katja“ habe am Vortag bei der Fütterung „blitzartig zugeschnappt und ihre Reißzähne in die rechte Hand gebohrt“. Rund 400 Besucher hatten den Angriff beobachtet.
„Katja“ und zwei weitere Bärinnen, ehemalige Zirkustiere, leben seit 2001 im Park Tripsdrill. Weller versorgt sie in ihrem 2500 Quadratmeter großen Gehege täglich mit Obst, Gemüse und Brot. Seit eineinhalb Jahren verzichtet der 47-Jährige dabei auf Schutz durch einen Elektrozaun.
Die große Hitze dieses Sommers und das wegen Trockenheit fehlende Gras könnten nach seiner Ansicht die plötzliche Attacke erklären. „Die Bären sind an sich brave Tiere“, sagte Weller. Der Erlebnispark Tripsdrill besteht aus einem Vergnügungspark mit Fahrgeschäften und einem Wildpark mit 150 Tieren.
Der Erlebnispark Tripsdrill ist auch online:
www.tripsdrill.de
(Stand: 04.09.2003 15:30)
Artikel aus der Heilbronner Stimme :"Meine Erfahrung hat mich gerettet"
Von Thomas Dorn
Nur der bandagierte Arm erinnert an die überstandene Gefahr: Einen Tag, nachdem ihn die Bärin Katja verletzt hat (wir berichteten), steht Wolfgang Weller schon wieder im Bärengehege des Wildparadieses Tripsdrill und füttert die Tiere mit Obst und Gemüse. Doch er weiß: "Das hätte bös' ausgehen können."
Mittwochnachmittag, kurz nach 15 Uhr. Weller, seit 1987 Wildhüter in Tripsdrill, hat die Wolf- und Luchsfütterung beendet. Jetzt wendet er sich im benachbarten Gehege den drei Braunbären Sozja, Katja und Shanja zu. Routine, x-mal gemacht. Doch heute läuft alles anders: Vor den Augen von mehreren hundert Besuchern schnappt Bärin Katja plötzlich zu, verletzt den Wildhüter an der Hand.
Der schreit laut auf, macht instinktiv einen Schritt zur Seite. Dann erkennt er, dass sich alle drei Bären formieren, um einen Angriff zu starten. Statt wegzulaufen, stellt sich Weller den Tieren entgegen. "Ich hab gebrüllt, wie ein Bär", sagt er knapp 24 Stunden später. Und: "Meine Erfahrung hat mich gerettet."
Vielleicht auch, dass er derartige Situationen zuvor schon Dutzende Male in Gedanken durchgespielt hatte. Die Fleischwunde an der Hand und der tiefe Kratzer im Unterarm, verursacht durch die Pranke der Bärin, sind inzwischen versorgt. Zur Tagesordnung übergehen kann Weller dennoch nicht.
"Ich hab' einen Fehler gemacht", sagt er selbstkritisch, " ich hab' Katja nicht im Auge behalten." Im nächsten halben Jahr will er die Tiere nur über den Elektrozaun füttern. "Ich muss erst wieder Vertrauen aufbauen." Zu den Bären und zu sich selbst.
Dass Katja so reagiert hat, weil sie von einer Wespe oder Hornisse gestochen wurde, ist nur eine Mutmaßung. Eher denkt Weller, dass es am trockenen Sommer liegt. "Alle Tiere sind zurzeit sehr aggressiv, auch meine Greifvögel ", sagt er. Die Bären hatten nur wenig Gras zu fressen und damit wenig zu tun. Dass Tierpark-Chef Dieter Fischer in dem 2500 Quadratmeter großen Gehege morgens Futter versteckt hat - " damit die Tiere beschäftigt sind" - hat offenbar nicht ausgereicht.
Im Nachhinein ärgert sich Wolfgang Weller auch, dass er "ein paar Warnzeichen" schlicht ignoriert hat: Die Bären hätten mit den Krallen gescharrt und wären "ein bisschen sehr aufdringlich" gewesen. Ansonsten nimmt er der Bärendame ihr Verhalten nicht übel: "Das Tier hat den Fehler nicht gemacht." Immerhin: Als Weller gestern wieder auftauchte, hielt sich Katja zunächst auffällig im Hintergrund. Für den Wildhüter war klar: "Die hat ein schlechtes Gewissen."
Und der Kommentar :
Glück gehabt
Von Thomas Dorn
Gut erholt steht er da, lächelt, antwortet geduldig den zahlreich erschienenen Vertretern von Presse, Rundfunk und Fernsehen. Nur wenig weist darauf hin, dass Wolfgang Weller am Tag zuvor eine äußerst gefährliche Situation überstanden, ja überlebt hat.
Ist das Ganze etwa nur ein Reklame-Gag, erdacht von einer rührigen PR-Abteilung? Nein. Ein paar hundert Leute haben den Aussetzer der Bärin Katja miterlebt - und sind ordentlich erschrocken. Hunderte Male waren Katja und ihre beiden Kolleginnen zuvor gefüttert worden, nie war etwas passiert. Nur ein Mal hatte der erfahrene Wildhüter Weller ein paar wirklich böse Kratzer davongetragen, aber die stammten vom Luchs.
Was lernen wir daraus? Wer sich in Gefahr begibt, kommt darin um, sagt der Volksmund. Dazu ist es glücklicherweise nicht gekommen. Aber es hat sich gezeigt, dass Bären, auch wenn sie vom Zirkus kommen und seit Jahren mit Obst gefüttert werden, ihren Jagd- und Beuteinstinkt nie ganz verlieren. Insofern ist die Wolf- und Bärenfütterung im Tierparadies Stromberg durchaus eine gefährliche Sache. Jedenfalls gefährlicher, als sich die meisten das bisher vorstellen konnten.
Diese neu gewonnene Erkenntnis wiederum sorgt bei den Zuschauern für einen zusätzlichen Nervenkitzel. Und so konstatieren wir doppeltes Glück im Unglück: für den Wildhüter und fürs Geschäft.
Gruß Thomas
http://www.ep-fans.de