Letzte Bearbeitung am 22-Mai-12 um 17:36 Uhr ()
Tibidabo ist der Hausberg Barcelonas. Etwas über 500 Meter reckt er sich über die Millionenstadt. Eigentlich ist allein schon der Ausblick Grund genug, einmal nach hier oben zu fahren. Ein Grund unten zu bleiben wäre die, ähm, herausfordernde Parkplatzsituation. Immerhin 50 Stellplätze gäbe es, die man auf der Webseite des Vergnügungsparks auch vorab buchen könnte - man könnte auch von unten mit der Bahn hoch fahren. Oder wie wir einfach drauflos, und einen der "wilden Parkplätze" an den Serpentinen unterhalb des Geländes aus Kirche, Fernsehturm und Freizeitpark nehmen. Und gut zu Fuß sein! My dear Mister Singing Club, haben wir uns die Füße breit gelatscht 
Aber der Reihe nach.
Eröffnet 1901 ist dieser historische Park natürlich genau mein Beutschema. Aber es war eine besondere Sache durch die für mich klar war, dass ich, wenn wir schon mal in der Gegend sind, auf jeden Fall hier her müssen. Das Automatenmuseum. Fast wäre ich ja statt eines Frezeitparknerds beinahe der Ralph Latotzki der europäischen CoinUps geworden. Aber irgendwie ist es dann anders gekommen - mein Faible habe ich trotzdem nicht verloren. Dazu kommt ein Nebengrund für den Besuch: ich mag (Spiegel)labyrinthe sehr gerne. Beides gibts hier, da kann ich dann auch mal in den Bergziegenmodus schalten und meinen Bericht mal nicht mit den typischen Tourifotos von Parc d'atraccions Tibidabo beginnen:
Man sagt, das Personenwaagen mit die ersten Nicht-Verkaufsautomaten, also rein der Unterhaltung dienende Maschinen waren, die damals Geld eingesammelt haben. Das wird wohl stimmen - relativ früh dran waren aber auch die Wahrsager- und die ersten Kleingewinnspielautomaten. Ist immer eine Frage, ob man die Entwicklung eher aus amerikanischer oder aus europäischer Sicht betrachtet.
Übrigens gibt es hier auch einen der Urväter des heutigen, modernen Kirmeskrans zu sehen. Damals noch mit garantiertem Gewinn.
Was mich sehr überrascht und sehr erfreut hat ist der Umstand, dass man hier nicht die Abdrift in Richtung "Entwicklung der Pinballs und Bats" genommen hat, sondern hauptsächlich Derivate der Truthteller zeigt. Automaten, die gegen einen kleinen Obulus eine kleine Geschichte erzählen. Hat wohl mit der Historie Tibidabos zu tun - hier standen seinerzeit wohl eine ganze Reihe von diesen Geschichtenerzählern und haben die Besucher ordentlich ums Kleingeld erleichtert.
In meinen Augen eines der schönsten Exponate ist El Infierno - die Hölle. Weil es passt wohl ganz gut zu der Geschichte, wie der Berg Tibidabo zu seinem Namen gekommen sein soll: aus einem lateinischen Bibel-Zitat im Zusammenhang mit der Versuchung Christi durch den Teufel. Laut Matthäus 4:8 führte der Teufel Jesus „auf einen sehr hohen Berg und zeigte ihm alle Reiche der Welt...“. Dann (Matthäus 4:9) bot er Jesus an: „… haec omnia tibi dabo si cadens adoraveris me.“ („… Das alles will ich dir geben, wenn du dich vor mir niederwirfst und mich anbetest.“). Kann ich mir gut vorstellen, wenn man sich den unfassbaren Ausblick auf Barcelona anschaut (kommt später - erst mal weiter die Automatenhölle)
Gleich links daneben gibts Elfen - um dem Schrecken etwas Freundliches entgegen zu setzen. Eigentlich eine Miniatur die durch ein Lupenglas betrachtet wird. Für mich Automatennerd ein Gänsehautgarant.
Interessant ist auch die Entwicklung des (Tisch)Kickers. Eine Sache, die wohl ziemlich exklusiv europäisch gewesen sein wird. Was dem Ami sein Baseball-Bat, war dem Spanier wohl der Fußball. Zwei Ausstellungsstücke gibts jedenfalls zu sehen.
Neben einer ganzen Reihe weiterer Prunkstücke gibt es auch die überdimensionalen Modelle zu bewundern - eines davon zeigt der Berg mit seiner Kirche, dem Park, usw. Ein echtes Zuckerstück - allerdings ohne Automatenbezug.
Alles in allem eine kleine, gepflegte und gut präsentierte Ausstellung. Ich hatte jedenfalls Glanz auf den Augen. Der Eintritt ist im All-in-Armbändchen enthalten und ich finde, es lohnt den Besuch.
Einen weiteren Hauptgrund den Park zu besuchen habe ich ja schon angesprochen. Die Aussicht. Und die ist bei gutem Wetter wirklich BOAH! Ich versuche mal mit ein paar Bildern zu zeigen wie BOAH das ist.
Und es wäre natürlich eine Verschwendung, wenn man diesen Ausblick nicht mit in die Attraktionen einbeziehen würde. Man sieht es schon beim Bild der Gondelfahrt, die irgendwie auch ein lustiger Darkride ist - Einbeziehen in den Aussichtsturm der mal völlig anders funktioniert und in das Wahrzeichen des Parks, das Flugzeug. Schwindelfreiheit kann man hier ganz gut gebrauchen - oder erfreut sich am Nervenkitzel
Was den Park ebenfalls sehr besonders macht, ist seine Aufteilung in Etagen. Klar, wenn man am Hang baut, kann ja gar nicht alles ebenerdig sein. Hier gibt es, wenn ich mich recht entsinne, 6 Ebenen - und man muss entweder eben gut zu Fuß sein. Oder aber ein Tourenband haben und ne Menge Geduld. Dann nimmt man nämlich den Aufzug. Jaha, eine Attraktion ist der Glasaufzug. Zwar werden bevorzugt Familien mit Kinderwagen und Gehbehinderte befördert, gerade wenns voll ist, aber eben auch, wenn man lieb ist, anderen den Vortritt läßt und nett lächelt auch Ottonormalfußgänger. Im nächsten Bild sieht man den Aufzug - das umgedrehte Beton-L
Eine weitere beeindruckende Sache ist die Achterbahn, die hier passenderweise den Namen Achterbahn trägt - natürlich auf spanisch. Eigentlich eine Mini-Lisebergbanan, die ziemlich viel Spaß macht, trotz ihrer Kürze. Völlig irre ist jedenfalls der Blick am First Drop runter ins Tal. Dagegen ist Shambhala in Port Aventura ein H0-Modell Ich hab habe allerdings die Kamera stecken lassen und lieber von außen fotografiert.
Alles in allem ist Tibidabo ein schöner Familienfreizeitpark mit einigen außergewöhnlichen Attraktionen - und auch einer ganzen Reihe Standard, ohne das Abwertend zu meinen.
Es gibt auch noch das Hotel Krüeger, und es soll sich wohl auch lohnen. Aber bei Wartezeiten über 90 Minuten in mitten von stinkigschwitzenden Menschen, es war halt sehr voll weil wegen Sonntag, fehlte uns einfach die Zeit - naja, hauptsächlich die Geduld.
Dafür haben wir einen noch. Ich sagte ja eingangs, dass ich auch Spiegelkabinette und Labyrinthe mag. Nun, so ganz ist es weder das eine noch das andere. MIRAMIRALLS ist eine 2008 eröffnete Neuinterpretation der schon 1905 gezeigte, gleichnamigen Attraktion. Alte Effekte, neue Technik, und - und das gabs damals bestimmt noch nicht - jeder muss Plastikhandschuhe anziehen 
Klar, man müsste sonst in paar Quadratkilometer Glas und Spiegel jeden Abend putzen...
Fazit: Tibidabo ist einen Besuch wert. Egal, ob man nur wegen der Aussicht kommt, die Kirche besucht oder in den Parc d'atraccions möchte. Es ist ein historischer Ort und ein gepflegter Familienpark. Letzterer allerdings mit ungewöhnlichen Öffnungszeiten. Man sollte sich, egal wann, selbst im Hochsommer, vorher auf der Webseite informieren, ob und wie lange wirklich geöffnet ist. Die Verpflegung ist mies, zumindest, wenn man etwas essen möchte, die Preise für Getränke halten sich aber, wie Spanien weit, in sehr engen, fairen Grenzen. Man sollte zumindest einmal hier gewesen sein - ob es für einen Wiederbesuch genug zu sehen gibt, nun ja. Aber so ein Tag auf dem Tibidabo ist schon was feines