Letzte Bearbeitung am 10-Aug-08 um 03:18 Uhr ()
Tja,so kann's gehen: Da wohnt man in der schönsten Stadt am Rhein und muss für gute Musik trotzdem ins widerlich-prollig-verdreckte OBERHAUSEN fahren. O-BER-HAUSEN. Ja, ganz richtig. Die Stadt mit dem CentrO PARK. Furchtbar.
Aber umsonst und draußen, denn Oberhausener sind eh alle arbeitslos, und deswegen ist das "Olgas Rock"-Festival auf dem ehemaligen Landesgartenschau-Gelände auch kostenfrei. Das zieht natürlich auch verschuldete Werbetexter und Call-Center-Führungskräfte aus Brühl (Erftkreis) an, die ihre Porsche-Leasingraten nicht mehr bezahlen können. Also fix das Jenny-Leuscher-Navi auf "Vestische Straße" (hat das was mit Vester zu tun?) programmiert und nach einer guten halben Stunde waren wir dort.
Über das hochpeinliche Publikum (14-jährige Kiddies, die wohl irgendwann irgendwo mal "Antifa ist cool!" gehört haben und jetzt einen auf "Wir sind stolz, zukünftige Hartz-IV-Empfänger zu sein" machen, legen wir besser den Mantel des Schweigens. Lars, für mich auch ein Bier, bitte!
Danke. Kommen wir zum Headliner des Abends: die formidablen KLEE aus (igitt!) Köln, auch bekannt durch ihre Hitsingle "Gold", mit der sie beim Bundesvision Song Contest antraten und immerhin zehnte wurden. Nicht schlecht für ein Mini-Bundesland wie das Saarland, für das sie ins Rennen gingen. Für mich damals die heimlichen Sieger.
Auf die Bühne kamen sie, dem Wetter entsprechend, in Regencapes. Es blieb dann aber trocken.
KLEE sind
Steve Servaes - Keyboards
Tom Deininger - Gitarre
Suzie Kerstgens - Gesang sowie Pele Götzer - Bass (neben ihr) und Daniel Klinger - Schlagzeug (irgendwo hinten, war für meine Klumpkamera zu weit weg)
Fazit: KLEE sind sicherlich ziemlich gefällig, aber bleiben doch auf einer qualitativ guten Seite. Vor allem sind sie eine verdammt geile Live-Band. Das (widerliche!) Publikum hat das große Engagement und die Spielfreude der Band aber nur mäßig gedankt. Ich wurde ja im Vorfeld schon gewarnt, dass Olgas Rock schlimm sein soll, aber so assig habe ich's mir dann doch nicht vorgestellt. Naja. "Erinner dich" gab's als Zugabe und dann schnell noch Karten für die After-Show-Party gesichert.
Nach einem Abendessen im CentrO kamen wir dann an einen Ort, an dem die Klos so aussehen:
dem "Druckluft" in Oberhausen. Hier sollten die extrasupertollen "Großstadtgeflüster" aus Berlin und "Bratze" aus Hamburg auftreten. Eintrittspreis: 6 Euro. Bierpreis: 1 Euro 80. Ich liebe Oberhausen!
Beide Bands sind im Electropunk-Bereich anzusiedeln. Großstadtgeflüster sind bekannt durch die ziemlich kommerzielle Hitsingle "Liebe schmeckt gut" vom ersten Album und vor allem durch den Clubhit "Ich muss garnix", der zur Hymne der ab 1990-geboren-Generation wurde. Also eigentlich Teeniemusik. Macht aber nix!
Los ging's:
Großstadtgeflüster überraschten mit einer total schrägen Tanzperformance zu "Ein guter Tag zum Weinen".
Sängerin Jen Bender
Der schwitzende Keyboarder Raphael Schalz
Neu in der Band und eine echte Bereicherung: Schlagzeuger Chriz Falk
Fazit: Großstadtgeflüster sind die ultimative Partyband. Nach drei Liedern ließ ich Lars Lars sein und habe mich in den Pogopit vor der Bühne gewagt. Besonders bei "Ich muss garnix!" war das ziemlich anstrengend, ich habe aber mit den ganzen 18-jährigen gut mitgehalten. Nach dem Gig gab's noch CD-Verkauf und Autogramme. Nette Band die ich jetzt schon 3 Jahre verfolge. Hoffentlich landen die mal einen dicken Hit, damit sie schon bald nicht mehr in Kaschemmen wie dem "Druckluft" spielen müssen.
Nach Großstadtgeflüster würden es "Bratze" ziemlich schwer haben, denn der Großteil des Publikums schien auch wegen den Berliner gekommen zu sein. Bratze, die das Spektakel erfürchtig von der Seite beobachteten und artig Applaus spendeten, mussten da schon Vollgas geben.
Und sie gaben Vollgas.
In Turnhose!
Bratze sind:
Norman Kolodziej - Keyboards, Programming, Gitarre. Genialer Typ, dem man seinen Hamburger Slang gut anhört. War wie ein Heimatfilm für mich.
Und nun zum Star des Abends:
Kevin Hamann (Gesang, Keyboards) ist definitiv völlig durchgeknallt! Der Typ hat sich sowas von verausgabt, das habe ich noch niemals zuvor gesehen - und ich habe schon einige Konzerterfahrung. Unfassbar! Die Turnhose war nicht nur stylishes Kleidungsstück, sie war auch ein Stück Funktionskleidung.
Fazit: Bratze zeigen, dass Hamburg noch immer ganz vorne mitspielt in Deutschlands Musikszene. Laut Lars zwar "nicht so seins", aber man kann es eben nicht allen recht machen. Die kruden Texte passen gut zum immer verzerrten Bass-Synthie. Definitiv keine leichte Kost, aber durchaus hörbar. Ich bin seit dem Konzert jedenfalls Düsseldorfs erster Bratze-Fan.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit - ihr wart ein wunderbares Publikum.
Man sieht sich in einem sleazy Musikclub eurer Wahl. Hauptsache, es riecht genug nach "Bier + Schweiß", dass Vester nicht kommt.
Grüße,
Tim
... so wie jetzt kann es immer sein!
Letzte Bearbeitung am 10-Aug-08 um 03:19 Uhr ()
Hi,der andere Teil von Bratze ist Clickclickdecker - die Soloplatte kannst du gerne haben, aber ich denke, du stehst nicht so sehr auf Gitarrengeschwurbelzeug.
Ansonsten Is Bratze, Der Tante Renate (und wie seine weiteren Alter Egos so heißen mögen) leider das einzige schwarzen Schaf des Audiolith-Umfelds, die ja ansonsten mit Plemo und Dance Inc. ziemlich nettes Zeug releasen.
Bratze ist so'n bisschen wie Gemüse für Kleinkinder in Aufläufen tarnen: Wenn Indies sich zu fein für Daft Punk sind, hören sie eben dieses ähnlich funktionierende CaptainFuture-artige Prollzeug.
Ganz schlimm aber Klee: Wer Suzi live erträgt, dem gebührt ein Bundesverdienstkreuz. Mich hat die mal ca. 30 Minuten mit absolut unwitzig-abernem "Ich pflücke auch Gänseblümchen"- Koks-Gebrabbel auf der Bühne in den Wahnsinn getrieben. Total schade eigentlich, weil Band qualitativ super hochwertigen Live-Kram abliefert.
Da lobe ich mir doch den ansich hyperernsten Maximilian Hecker, bei dem ich mal einen Lachanfall hatte.
Und: Geht nicht nach Oberhausen: Gebäude 9 und Pretty Vacant sind doch gar nicht so weit entfernt.
Gruß,
Turgut
I wish the milkman would deliver my milk in the morning.