Halli-Hallo an alle,zum besseren Verständnis einmal kurz meine Vorgeschichte und wie ich zu dem Job gekommen bin:
Ich habe ein abgeschlossenes Lehramtsstudium, derzeit in Berlin aber leider nicht den Hauch einer Chance auf einen Referendariatsplatz - Sparmaßnahmen. Was bleibt einem als Freizeitparkfan da also zu tun um sein Girokonto auf Vordermann zu bringen und gleichzeitig möglichst viel mit Achterbahnen in Kontakt zu kommen?
Man schreibt eine Mail an den Heide Park und bewirbt sich als "Fahrgeschäft-Bediener". Nach kurzer und freundlicher Kontaktaufnahme ist man auch schon eingestellt und tritt die Reise aus Berlin in die Lüneburger Heide an.
Sehr nette Begrüßung, einen Mitarbeiterausweis, eine kleine (aber ausreichende) Unterkunft im Mitarbeiterdorf für 3,50 € am Tag und schon kann der Spaß beginnen.
Den ersten Tag verbrachte ich dann an der "Grachtenfahrt" im Holländerdorf, ein netter Einstieg um mal die Abläufe eines Arbeitstages auf "der anderen Seite" kennen zu lernen. Steuerspannung ein, Pumpen ein, Boote freibinden, Start drücken. Die Fahrgäste nett behandeln, immer ein lustiges Wort auf den Lippen und schon ist der erste Arbeitstag vorbei
An den nächsten Tagen wurde ich dann schon im hinteren Parkbereich an den Großfahrgeschäften eingesetzt und schaffte nach und nach die "Führerscheine" für Scream, Big Loop, Schweizer Bobbahn und für kurze Abstecher auch für die Kogggenfahrt und das Pferdekarussell.
Zuerst wird einem von einem "alten Hasen" alles erklärt, man muss die Bedienanweisungen lesen, die Ausschlusskriterien und Sicherheitsmaßnahmen pauken und dann kommt der Chef und prüft einen. Alles richtig und schon hat man seinen Führerschein und darf das Fahrgeschäft bedienen
Nun mal genug der Vorworte, ein paar Bilder habe ich natürlich auch geschossen. Man hat während einer Saison doch die eine oder andere Möglichkeit, mal ungewöhliche Perspektiven zu finden, hinter die Technik der Fahrgeschäfte zu blicken oder Sonnenauf- und untergänge zu erleben.
Die Bilder sind natürlich mit Erlaubnis aufgenommen worden!
Station 1 - Scream
Ein Blick in das Innere des Turms vom Motorenhaus aus aufgenommen. Gut sind die vielen Stufen zu sehen und die Führungsschienen des Gegengewichtes des ehemaligen Aussichtturm.
Die beiden Kabeltrommeln in der Turmspitze. Rechtwinklig dazu sind die Getriebe und Motoren angeordnet. Gut zu sehen die Bremsen an der Seite der Trommeln, die den Hakenwagen in den Positionen halten.
Ein Blick auf die Permanentmagnete am Fahrgasträger. Die Funktion dürfte ja allen bekannt sein
Station 2 - Schweizer Bobbahn
Das interessanteste Fahrgeschäft aus der Sicht eines Bedieners ist die Bobbahn. Hier gibt es für den reibungslosen Betrieb die meisten Dinge zu beachten und als Bediener eine Menge an Knöpfen zu drücken. Bahn starten, Bügel ver- und entriegeln, Tore öffnen und schließen und um die Bahn in Betrieb zu nehmen oder zu parken noch eine Menge mehr. Würde aber jetzt zu langweilig werden.
Lifthill 1 mit Bob, im Hintergrund Scream.
Ein Selbstportrait auf der ersten "Klotzbremse"
Jeden Morgen müssen die Kontaktschienen im Bahnhof gereinigt werden. Über diese Schiene werden die Bügel elektronisch ent- und verriegelt.
Ein Zug wartet in der Bremse 5 auf die Freigabe zum Rangieren. Aus dieser Position können die Züge dann von einem OP in die Weiche gefahren werden. Ein OP muss in der Station das Rangieren überwachen, ein zweiter steht unten in der Weiche und fährt die Züge in- oder aus der Weiche.
Zwei Züge sind auf die Abstellgleise gefahren worden, nun wird das Gleis verschoben und die anderen Züge können eingeparkt werden. In der Weiche haben auf jeder Seite des Tunnels zwei Züge Platz.
Station 3 - Big Loop
Auch eine sehr interessante Bahn für einen Bediener. Durch ihr beachtliches Alter weisst die Bahn noch ein paar Besonderheiten auf. Die Züge werden nicht über Reibräder in den Bahnhof gefahren sondern durch Schwerkraft und ein geneigtes Gleis. Die Bremsen in der Schlussbremse und im Bahnhof müssen per Hand am Bedienpult geöffnet werden und der Zug in die richtige Position "eingebremst" werden - nach Möglichkeit zu den passenden Toren
Dadurch wird aber die Arbeit nicht langweilig und man hat immer den direkten Kontakt mit den Fahrgästen.
Impressionen vom Lifthill aus...
...und von der Schlussbremse.
Der zweite Zug wird von den Gleisen genommen und kommt zur Überholung in die Werkstatt. Zuerst wurde er über die Rangierbremse bis kurz vor den Lifthill gefahren, dann die Underfriction wheels enfernt, die Kupplungsbolzen herausgezogen und die Wagen einzeln von der Strecke gehoben. Ein interessantes Erlebniss, den Zug einmal in einzelne Wagen zerlegt zu sehen und die freiliegenden Kupplungen zu bestaunen.
Station 4 - Limit
Leider habe ich keinen Führerschein für den SLC, auf den Lifthill durfte ich trotzdem klettern und einmal die Bahn von oben beobachten.
Station 5 - Nebel im Heide Park
Im Spätsommer gab es einige Tage mit dichtem Nebel. Lustige Situation, wenn die Fahrgäste vom Scream so langsam im Nebel verschwinden...
Impressionen
Einfach einmal ohne Worte...
Soweit die kleine Reise durch den Heide Park aus der Sicht eines OP. Vielleicht habe ich ja den einen oder anderen aus diesem Forum "auf die Reise" geschickt. Von Ralph, Tim und Jan weiß ich es zumindest
Wenn es Anregungen, Lob oder Kritik gibt: Immer her damit.
Für weitere Bilder und etwas ausführlichere Erläuterungen der Aufnahmen einfach auf meine Homepage gehen. Wenn jemand noch mehr über die Tätigkeit als Fahrgeschäftsbediener wissen möchte kann er sich natürlich auch einfach bei mir melden.
Der Park ist in verschiedene Bereiche eingeteilt, jeder Bereich hat seine eigenen Mitarbeiter. Daher gibt es leider auch nur Fotos aus meinem Bereich mit seinen Fahrgeschäften.
Ich kann die Tätigkeit, auch als Ferienjob, jedem Fan nur empfehlen. Viel Spaß, ein Blick hinter die Kulissen, einmal die "andere Seite" erleben, Kontakt zu vielen Menschen und an den freien Tagen freien Eintritt in den Park - was will man mehr?
Halli-Hallo,schön das euch der Bericht interessiert.
Dann werd ich mal schnell die Fragen beantworten:
@ Andreas - der Scream ist ja bekanntlich der alte Aussichtturm, daher gibt es im Inneren des Turms noch die Wartungstreppen und die Schiene für das Gegengewicht. Während des Umbau zum Scream wurden die Wände an bestimmten Stellen mit Stahl verstärkt.
Wieviele Treppen es sind habe ich nicht gezählt, um zum Motorenhaus zu kommen braucht man (je nach Kondition ) ca. 12 - 15 Minuten... und ist danach erstmal ziemlich platt! Es sind immer Stufen, eine Plattform, Stufen usw.
Im jetztigen Aussichturm ist aber nur eine senkrechte Leiter!
@ Tim - wenn man den zug vom Big Loop in den Bahnhof einbremst hört man ja das typische zischen der Bremsen. Jedes Zischen ist einmal die Bremsen manuell geöffnet.
Der Zug wird einmal in der Schlussbremse und in der Bahnhofsbremse über ein fest definiertes Zeitfenster abgebremst, danach lassen sich die Bremsen manuell öffnen. Daher sind auch die Bremsintensitäten verschieden. Ist es warm und der Zug "eingefahren" ist er schneller und kommt mit höherem Tempo in den Bahnhofbereich.
Bei kühler Witterung ist die Geschwindigkeit geringer, daher die Bremse bei gleichem Zeitfenster deutlich intensiver. Dieses ist auch deutlich zu merken bei vollen und leeren Zügen.
Auf jeden Fall macht es eine "Mordsgaudi", wenn man den Zug manuell in den Bahnhof bremst. Man kann ihn aber auch in der Schlussbremse stehen lassen, halb in den Bahnhof oder auch etwas zu weit fahren lassen... was natürlich sehr erstaunte Gesichter bei den Fahrgästen hervorruft. Hab ich selbstverständlich nie getan
Auf dem Bild sind die Regler für die Bremsen auf der linken Seite zu sehen (schwarze Drehknöpfe). Die beiden oberen für die Schlussbremse, wobei die mittlere nur beim Zweizugbetrieb von Bedeutung ist. Der untere Regler ist für die Bahnhofsbremse.
Auf der linken Seite oben seht ihr die Blockübersicht auf der angezeigt wird, wo sich ein Zug befindet, ob der Block frei ist oder eine eventuelle Störung vorhanden ist.
Die anderen Knöpfe sind dann für die Entriegelung der Bügel, Bahnhofstore öffnen und schließen sowie Startfreigabe.
Bevor der Zug gestartet werden kann muss auf dem Bahnhof ein weiterer Knopf gedrückt werden, welcher die Bügel verriegelt und die Strecke freigibt. Damit muss sich der OP alle Bügel einmal ansehen und kontrollieren bevor der Zug fahren kann und die Sicherheit der Fahrgäste ist gewährleistet.
Zudem gibt es noch einen Schalter, welcher die Bügel bei der Ausfahrt des Zuges abtastet und bei einem nicht geschlossenen Bügel automatisch den Lift abschaltet.
@ Jan - natürlich wieder zur nächsten Halloween-Party... den Spaß lass ich mir doch nicht entgehen
Wenn es weitere Fragen gibt einfach her damit!