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Foren-Name: Heide-Park
Beitrag Nr.: 567
Beitrag Nr.: 42
#42, RE: Details zum Genehmigungsverfahren
Geschrieben von Michelfeit am 11-Feb-07 um 02:13 Uhr

Vielen Dank für diese umfassende Information!
Ein Lob aber auch an die Stadt Soltau, die sämtliche öffentlichen Sitzungprotokolle online verfügbar macht!

Aus meiner Berufspraxis noch zwei rein fachliche Ergänzungen:

- Im Regelfall ist das Landratsamt die Genehmigungsbehörde für Bauanträge (Ausnahme: größere Städte haben eine eigene Baurechtszuständigkeit). Die Gemeinden erteilen lediglich ihr "Einvernehmen" dazu. Davon kann die Genehmigungsbehörde aber abweichen. Hintergrund dieses "Einvernehmens" ist, dass die Gemeinden zuständig sind für die Aufstellung von Bebauungsplänen und damit definieren, was auf ihrem Gebiet baulich zulässig sein soll oder nicht. Deshalb ist es m. E. nachvollziehbar, dass sie zu Bauanträgen eine Stellungnahme abgeben dürfen, insbesonders wenn - wie hier - Befreiungen von den eigenen Bebauungsplänen erforderlich sind.

- "Die Technische Anleitung zum Schutz gegen Lärm, kurz TA Lärm, ist eine Allgemeine Verwaltungsvorschrift, die dem Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor schädlichen Umwelteinwirkungen durch Geräusche dient. Bedeutung hat die TA Lärm für Genehmigungsverfahren von Gewerbe- und Industrieanlagen sowie zur nachträglichen Anordnung von Immissionsrichtwerten bei bereits bestehenden genehmigungsbedürftigen Anlagen. Sie ist nicht anzuwenden bei Straßenverkehrslärm, Schienenverkehrslärm, Fluglärm oder Sportlärm." Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/TA_L%C3%A4rm
Ergo: Die TA Lärm ist nicht eine Lärmkartierung für den Heide-Park, sondern die rechtliche Grundlage, die die zulässigen maximalen Lärmimmissionspegel regelt.
Und hier streife ich auch ein grundsätzliches Problem: Maßgeblich ist der Immissionsort, also hier z. B. der ankommende Lärm in der Siedlung Friedrichseck vor einem Wohnzimmerfenster. Da sich die Lärmemissionen der verschiedenen Attraktionen im Heide-Park überlagern und dadurch der Gesamtlärm höher wird, ist es äußerst schwierig, eine Lärmprognose für den Gesamtlärm bei Hinzufügen einer neuen Attraktion abzugeben (Einfacher wäre es ja, wenn die Lärmemissionen für die einzelne Attraktion begrenzt wären. Dann stünde wohl schon im Baubuch des Herstellers der Lärmpegel und jeder Parkbetreiber könnte in seinem Bebauungsplan nachsehen, ob diese Attraktion in seinem Park zulässig wäre).
Um nicht bei jeder Attraktion erneut eine Gesamtbetrachtung der Lärmimmissionen erstellen zu müssen, hat man - was bei Gewerbegebieten durchaus auch üblich ist - sog. flächenbezogene Schallleistungspegel festgelegt. D. h., für eine Teilfläche wird festgelegt, welcher Schall emittiert werden darf, damit andernorts die Immissionsgrenzwerte eingehalten werden. Dadurch muss bei Anschaffung einer neuen Attraktion nur noch für die jeweilige Teilfläche eine Lärmemissionsprognose erstellt werden. Diese Berechnungen sind zwar immer noch aufwendig und nur von spezialisierten Ingenieurbüros zu erstellen, das Beispiel Heide-Park zeigt mir aber auch wieder einmal, dass das Konzept der flächenbezogenen Schallleistungspegel der Realität näher kommt als die früher angewandten "Immissionsgrenzwerte am Rande des Gebiets".


Stefan A. Michelfeit - www.ridesonline.de
"Wir werden - einfach ausgedrückt - weniger, älter und bunter." (H. Rech IM BW)