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Auf www.waz.de gefunden:Mit Knarren vorbei an Karussells
Tief in der Nacht im Movie Park Germany: die Achterbahnen stehen still, längst haben die Besucherhorden das Bottroper Spaß-Areal geräumt. Nur ein Mann streift unermüdlich durch die Schluchten der Filmstadt. Carlito ist sein Name, Mafiakiller sein Beruf.
"Es gibt sicher Leute, die halten mich für bescheuert." Dessen ist sich Volker Schaper sicher. Exakt 2 710 Euro hat er hingeblättert." Andere machen Urlaub für das Geld." Der Gladbecker gönnt sich lieber eine Rolle in einem Kinofilm - und schlaflose Nächte.
"Die Killer bitte auf Anfang!" schallt es kurz nach Mitternacht durch die Kulissen der "Wonderland-Studios". Endlich. Gleich wird sie fallen, Volker Schapers erste Klappe. Im Internet hat sich der 41-Jährige eine Schurkenrolle im Ruhrpott-Roadmovie "Der Prinz aus Wanne-Eickel" ersteigert, steht nun mit (Selbst-)Darstellern wie Jürgen Drews, Roberto Blanco und Detlef Zwitzers vor der Kamera.
Detlef Zwitzers? Auch der Mann aus Soest hat sich seinen Zelluloid-Fantasien mit ein paar Klicks im virtuellen Auktionshaus hingegeben, darf Carlitos Killerpartner Bobby spielen. Das Schurkenduo soll die Helden durch die quietschbunte Plastikwelt des Freizeitparks hetzen. Mit Knarren vorbei an Kinderkarussells.
Während Techniker bei Einbruch der Dunkelheit das Set "verkabeln", streift sich Schaper im Kostümfundus seinen Mafia-Mantel über, lädt selbstsicher die (entschärfte) Pumpgun. Groß vorbereitet auf sein Schauspiel-Debüt hat er sich nicht. "Als Killer habe ich noch keine praktischen Erfahrungen gesammelt. . ." Partner Detlef gibt Tipps: "Du musst denken wie Carlito, handeln wie Carlito! Du musst Carlito sein!" Schapers Augen verengen sich zu Schlitzen.
Hinter den Kulissen läuft die Kaffeemaschine für die Produktions-Mannschaft seit mehr als sechs Stunden heiß, davor erwärmen sich langsam die Scheinwerfer. Ein Mann tritt ins Licht. Einen langen Schatten wirft er mit stämmiger Statur auf den Asphalt, erfüllt die Stille in den Straßenzügen der Studios mit seinen Schritten. Schaper ist jetzt kein Industriemeister mehr, nein, er ist ein Killer. Unterwegs im Auftrag des Paten.
"Und. . . Action!" Die Kamera läuft, das Mikro schaukelt über den Köpfen der Schauspieler - und der Gladbecker macht ohne sichtbare Nervosität böse Miene zum bösen Spiel. Noch oft in dieser Nacht - die Handlung ist spannender, als die Dreharbeiten sind. In viele Kamera-Einstellungen ist Schapers Auftritt zerstückelt, immer und immer wieder setzt der Kameramann die Protagonisten in Szene. Ein Dreh gegen die Zeit, bis zum Morgengrauen muss die Sequenz "im Kasten sein".
In kurzen Pausen verzerrt sich das grimmige Gesicht von Volker Schaper zu einem Gähnen. "Warum schlage ich mir hier die ganze Nacht für ein paar Minuten Film um die Ohren? Warum tue ich mir das eigentlich an?", fragt er sich gegen drei Uhr am Samstagmorgen. Er weiß das ziemlich genau. Im Herbst wird er über den roten Teppich zur Premiere schreiten, seinen Namenszug im Abspann über die Leinwand schweben sehen.
Zuvor muss er noch einmal ´ran im Movie Park, dann laut Drehbuch im Taucheranzug durch die Fluten einer Wildwasserbahn waten. Nur der Kommissar der Geschichte bleibt davon verschont. Schaper schaut entschlossen: "Dessen Rolle ersteiger´ ich mir bei einer Fortsetzung."
13.06.2005 Von Sebastian Wuwer