Der Bericht ist zwar schon etwas älter, aber ich finde die Doppelmoral Disneys trotzdem zeitlos interessant:9. März 2007, 16:00 Uhr Von Anette Dowideit
Unterhaltungsindustrie
Disney will keine Sozialwohnungen
Die meisten Jobs bei in Disneyland sind eher spärlich bezahlt. Die Stadt Anaheim möchte neben dem größten Arbeitgeber der Stadt günstige Wohnungen anbieten. Dem Unterhaltungskonzern schmeckt das nicht. Er hat Klage gegen die Stadt eingereicht.
Micky Maus hat einen der härtesten Jobs in Disneyland. Stets freundlich grinsen, winken und sich mit Kindern fotografieren lassen. Dabei kommt Micky, beziehungsweise der Darsteller im Mäusekostüm, häufig ins Schwitzen - zumal es in Disneyland im südkalifornischen Anaheim schon im Januar an die 25 Grad Celsius warm werden kann. Besonders lohnend ist der Job auch nicht. Mehr als die staatlich vorgegebenen 7,50 Dollar die Stunde gibt es kaum. Nach einem anstrengenden Tag müssen die "Puppenspieler" auch noch einen weiten Nachhauseweg bewältigen. Denn Wohnungen für Billigjobber duldet Disney nicht in seiner Nähe. Um dies zu verdeutlichen, hat der Konzern nun eine Klage gegen die Stadt Anaheim eingereicht. Diese plante, ein Wohnprojekt direkt neben Disneyland zu genehmigen. Dort sind insgesamt 1500 Apartments vorgesehen, 225 davon sollten besonders günstige Wohnungen für Mieter mit niedrigem Einkommen sein. "Der Standort für einen solchen Komplex ist perfekt", sagt Projektentwickler Frank Elfend. "Schließlich gibt es hier die meisten Billigjobs der ganzen Region."
Disneyland ist mit mehr als 23.000 Mitarbeitern der mit Abstand größte Arbeitgeber der rund 330.000 Einwohner großen Vorstadt von Los Angeles. Ein Großteil der Jobs ist schlecht bezahlt. Die Stadt Anaheim liegt jedoch im feinen Landkreis Orange County und ist vergleichsweise teuer. Eine durchschnittliche Zwei-Zimmer-Wohnung kostet im Monat 1027 Dollar Miete. "Es gibt viel zu wenig günstigen Wohnraum", sagt Entwickler Elfend. Seine Firma habe deshalb bereits mehrere Mio. Dollar in die Entwicklung des gut 100.000 Quadratmeter großen Stück Landes gesteckt. Doch dann machte der Unterhaltungskonzern den Immobilienentwicklern einen Strich durch die Rechnung. Disney will, dass das Gelände stattdessen für ein gehobenes Hotel genutzt wird. Der Konzern ließ verlauten, er habe nichts gegen Wohnprojekte für Niedrigverdiener. Doch ein Hotel sei eben besser für das Geschäft. Als der Stadtrat im Februar über den Bau abstimmte, ließ ihm Disney nur wenige Minuten vor der Sitzung einen Brief von seinen Anwälten zustellen. Darin stand, dass eine der fünf Abgeordneten befangen sei. Grund: Die Betroffene plant, in der Nähe des Wohnprojekts ein Geschäft zu eröffnen - ausgerechnet einen Käseladen. Tatsächlich stimmte die Abgeordnete nicht mit, das Votum ging unentschieden aus. Somit war das Bauprojekt erst einmal gestoppt. Nun will der Stadtrat allerdings noch einmal entscheiden, diesmal mit der fünften Abgeordneten. Als Reaktion reichte Disney die Klage ein.
Quelle: Welt.de