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Beitrag Nr.: 711
#0, Macht Asien Disney mehr Vergnügen?
Geschrieben von TheOnlyOne am 06-Jun-05 um 12:05 Uhr
Hallo!

Ein Artikel zum Hongkong Disneyland, erschienen in der Welt am Sonntag:

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Macht Asien Disney mehr Vergnügen?

Zehn Jahre nach dem Start von Eurodisney in Paris eröffnet der US-Konzern wieder einen Vergnügungspark. In Hongkong will er beweisen, daß er aus dem Desaster gelernt hat

von Martin Kühl in Peking

Ehrlich gesagt ist eine Stadt, die an steilen Berghängen klebt und ihre Spielplätze in Etagen von Hochhäusern pfercht, keine gute Adresse für einen Urlaub mit Kindern. Aber in wenigen Monaten soll Hongkong auch für Eltern ein interessantes Reiseziel sein.

Anführer der nahenden touristischen Revolution ist dabei Mickey Mouse. Mitte September geht das Hongkong Disneyland an den Start, 30 Schnellzug-Minuten vom Stadtzentrum entfernt auf der Insel Lantau. Kräne hieven jetzt Karussellgerüste durch die Luft, Baggerkolonnen modellieren künstliche Landschaften für den 126 Hektar großen Vergnügungspark.

Da Land knapp ist, wurde ein Großteil des Areals durch Aufschüttung dem Meer entrissen. Das Dornröschenschloß mit vielen Türmchen und blauen Spitzdächern steht schon. Die "Partnerschaft mit Hongkong" sei ein weiterer Schritt, Menschen generations- und kulturübergreifend mit der Disney-Magie zu verbinden, frohlockt Jay Rasulo, Präsident bei Disney Parks and Resorts.

Im Januar flogen bereits 500 in Hongkong rekrutierte Neuangestellte zum Training zu Walt Disney World im US-Staat Florida. Dort sollen sie schon mal "Disney-Kultur" atmen, bevor sie auf Lantau als Restaurantmanager, Souvenirverkäufer oder als Mickey Maus und Goofy verkleidet die ersten Gäste begrüßen.

Nach Tokio ist Hongkong der zweite Park des Vergnügungskonzerns in Asien - und seit dem Start von Eurodisney bei Paris vor zehn Jahren der erste neue Standort. Der US-Konzern hofft, daß der keimende Aufschwung seiner Vergnügungspark-Sparte durch Hongkong wieder an Fahrt gewinnt.

Eurodisney macht zwar weiter Verluste, befindet sich aber nach einem 2004 mit den Gläubigern geschnürten Rettungspaket zumindest in der Konsolidierungsphase. Global hat sich die Ertragssituation zuletzt deutlich verbessert. So zeigt sich das wichtige US-Geschäft zunehmend erholt von den Auswirkungen des World-Trade-Center-Terrors. Das Hongkong-Projekt stärke Disney in einem Wachstumsmarkt, sagt Sprecherin Esther Wong. "Wir glauben, daß der Tourismussektor innerhalb der asiatischen Region stark zulegen wird."

Laut Plan werden jeweils ein Drittel der Gäste aus Hongkong, China und dem Rest Asiens kommen. Disneyland kalkuliert für 2006 mit 5,6 Millionen Besuchern. Später sollen es mal zehn Millionen pro Jahr werden. Es wird schon wieder Erde ins Meer gekippt, um Land zu schaffen, für die anvisierte Ausbauphase.

Und dann ist da noch China. Festlandchinesen strömen in Scharen nach Hongkong. Mehr als die Hälfte der knapp 23 Millionen Touristen kam 2004 von der anderen Seite des hohen Zaunes, der die autonome Zone vom Mutterland trennt. Sie alle kennen die Disney-Figuren, die sich noch schneller als die Marktwirtschaft in China verbreitet haben und von Kindermützen und T-Shirts herablächeln oder als Gummipuppe im Schnellrestaurant grüßen. Von der chinesischen Version des Mickey-Mouse-Heftes verkauft Disney 350 000 Stück pro Ausgabe.

Für Ausländer hat Hongkong im Zuge der chinesischen Öffnungspolitik als Einstiegstor ins Reich der Mitte an Sogkraft verloren. Dafür ist die Stadt mit ihrem internationalen Ambiente, ihren Designerboutiquen und Glitzer-Einkaufszentren jetzt hip beim neuen Mittelstand aus Peking, Shanghai und Kanton.

Aber Hongkong will mehr sein als nur Einkaufsparadies mit Wolkenkratzer-Flair. "Disneyland wird Familienurlauber anziehen. In diesem Segment wollen wir zulegen", sagt Kinnie Wong von der Hongkonger Tourismusbehörde.

Um Natur- und Vogelfreunde zu begeistern, entsteht im Hinterland der Stadt derzeit ein riesiges künstliches Feuchtgebiet, inklusive Ökomuseum und Lehrpfaden. Einen Mißerfolg Disneys kann sich Hongkongs Regierung nicht leisten. Die Stadt hält mit 57 Prozent die Mehrheit am Park-Joint-venture mit Disney. 1,37 Milliarden Euro stecken die Partner zusammen in Disneyland. Fast den gleichen Betrag legt die Regierung der chinesischen Sonderverwaltungszone noch mal allein für Infrastrukturmaßnahmen wie Bahnanbindung, Kläranlagen und Stromnetz drauf.

Die Politiker sagen, das Geld sei gut angelegt. Disneyland beschere der Stadt in den kommenden 40 Jahren einen ökonomischen Nutzen von 148 Milliarden Hongkong-Dollar - etwa 14,4 Milliarden Euro. Wenn der Park im September die Türen öffnet, habe er bereits 18 000 Jobs geschaffen.

Um sicherzugehen, daß die Harmonie zwischen Mensch, Maus und Landschaft stimmt, wurde vor Baubeginn eigens ein Meister der Feng-Shui-Lehre befragt. Der riet, das Park-Layout um ein paar Grad zu drehen. So wurde es gemacht. Hinter dem Park heben sich die Berge, vor ihm plätschert das Meer. Esther Wong von Disney ist begeistert: "Ein besseres Feng-Shui gibt es nicht."

Um für einen Tag ins Reich der Illusionen zu gelangen, zahlen Erwachsene am Wochenende und Feiertagen umgerechnet 33 Euro, Kinder 24 Euro. Für Hongkongs Mittelschicht ist dieser Preis kein großes Problem, die Touristen sind eh spendierfreudig.

Vor allem die Chinesen. Ein Besucher vom Festland gibt in Hongkong pro Tag rund 570 Euro aus, mehr als Reisende aus dem Rest der Welt, so die Tourismusbehörde. Natürlich wird es im Park Hamburger und Hotdogs geben, sagt Wong von Disney. "Aber der Fokus liegt auf asiatischen Gerichten." Zum Beispiel wird Südchinas Häppchenspezialität Dim Sum aufgetischt, und indische Currys.

Da es für die Asiaten sehr wichtig sei, sich mit Pu dem Bären oder Donald Duck abzulichten, werde es im Phantasie-Land, wo Dornröschen wohnt, einen designierten Ort geben, an dem stets Cartoon-Helden zum Schnappschuß bereitstehen. "Das gibt es nur in Hongkong", erklärt Wong. Ansonsten wird es ein klassischer Disney-Park. Die Amerikaner haben die Asiaten befragt und die haben gesagt, sie wollen alles so wie in den USA. Hinter dem Eingang erwartet den Besucher gleich das Abbild einer amerikanischen Kleinstadt um 1900. Über die Hauptachse "Main Street USA" werden Pferdekutschen ruckeln.

Für die Insel Lantau im Südwesten Hongkongs ist der Vergnügungspark Teil eines größeren Entwicklungsplanes. Ende der Neunziger nahm dort bereits der Riesenflughafen seinen Betrieb auf. Nur zehn bis 15 Minuten wird die Reise von den Terminals zum Disneyland dauern. Gebaut wird zudem eine Seilbahn, die Touristen die Berge Lantaus hinauf zur dort thronenden Statue des "großen Buddhas" bringen wird. Manch ein Mönch des nahen Klosters bangt um die Ruhe des bislang abgeschiedenen Ortes.

Artikel erschienen am 5. Juni 2005


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MfG,
Frank