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Düsseldorf
Längere Kirmes? "Eine Superidee"VON MATTHIAS ROSCHER
Düsseldorf (RP) Die Diskussion über eine Verlängerung lebt wieder auf. Die Schützen zeigen sich gesprächsbereit. Oberbürgermeister Dirk Elbers bietet sich als Moderator an. Schausteller und Hoteliers machen Druck. Die DMT wirbt um Besucher auch im Ausland.
Drei Wochen vor dem Start der Großen Kirmes ist das Thema auf dem Tisch. Oberbürgermeister Dirk Elbers signalisiert seine Bereitschaft, bei der Diskussion über eine Verlängerung des Volksfestes die Rolle des Moderators zu übernehmen: "Die Kirmes ist für unsere Stadt der Knaller und ein Pfund, mit dem wir wuchern müssen."
Auch die Chefs der Schützenvereine zeigen sich gesprächsbereit. Lothar Inden (Sebastianus-Schützenverein) versichert: "Wir sind für alles offen, auch für einen Testlauf über drei oder vier Tage zusätzlich. Mit Elbers teilt Inden die Ansicht, dass es wichtig sei, "gemeinsam zum Ergebnis zu kommen."
Werner von Kannen, dessen Oberkasseler Schützen knapp zwei Monate vor den Sebastianern ebenfalls auf den Rheinwiesen feiern und deren Kirmes von Jahr zu kleiner wird, schließt eine Zusammenlegung beider Volksfeste nicht mehr grundsätzlich aus. "Wir wären zu Gesprächen bereit, wenn die organisatorischen und finanzielle Fragen geregelt werden und unser Verein seine Identität wahrt und nicht von der Bildfläche verschwindet."
Die Schützenvereine als Veranstalter der jeweiligen Kirmes sehen sich verstärkt unter Druck gesetzt. Zuletzt wurde dies deutlich in einer Diskussionsrunde beim Heimatverein Die Jonges vor wenigen Tagen. Auch in den Köpfen von Marketing-Strategen spielt der Gedanke an eine Verlängerung der Großen Kirmes, eventuell unter Einschluss des Oberkasseler Volksfestes, eine Rolle. Vorbild ist das Oktoberfest in München. Nicht von ungefähr startete die Düsseldorf Marketing und Tourismus GmbH (DMT) eine Werbeoffensive für die Kirmes am Rhein bis nach Holland, Belgien, Frankreich und Großbritannien.
Sogar Besucher aus den USA spielen in den Überlegungen der DMT ein Rolle: Viele Amerikaner schätzen die deutschen Schützenfeste mit ihren Umzügen und dem schillernden Kirmesrummel. DMT-Chefin Eva-Maria Illigen-Günther wirbt allerdings um Geduld: "Ich sehe hier ein großes Potenzial. Eine solche Entwicklung braucht jedoch mehrere Jahre, ähnlich wie bei unseren Weihnachtsmärkten."
Zu den Befürwortern einer Verlängerung gehören die Düsseldorfer Hoteliers. Sie klagen über Einbrüche bei Übernachtungszahlen und -preisen in messearmen Zeiten und erwarten vom Stadtmarketing neue Ideen, um das Image Düsseldorfs als Ziel für den Städtetourismus aufzupolieren. Otto Lindner, Hotelier und Vorsitzender von Destination Düsseldorf (DD), nennt als Beispiel den Weihnachtsmarkt, der mit dafür sorge, dass Hotels in dieser Zeit sogar ausgebucht sind. Interconti-Chef Jörg T. Böckeler findet, dass die Verlängerung der Kirmes "eine Super-Idee ist, die allen nur gut tun kann".
Allerdings reiche ihm eine Kirmes am Rhein mit zuletzt 4,2 Millionen Besuchern alleine nicht aus, selbst wenn sie eines Tages so stark sein sollte wie das Oktoberfest in München mit seinen 6,5 Millionen Besuchern. "Düsseldorf hat wie Köln keinen Dom oder wie Paris keinen Eiffelturm. Deshalb brauchen wir in der Stadt ein Gremium, das visionär denkt, damit visionäre Ideen auch langfristig umgesetzt werden können."
Die Schausteller-Familie Oscar Bruch (Riesenrad, Französisches Dorf, zwei Achterbahnen) gehört auf der Großen Kirmes seit Jahrzehnten zu den Großen. Oscar Bruch junior hat seinen Eurostar, für den er 1995 umgerechnet zehn Millionen Euro bezahlt hat, vor zwei Jahren nach Moskau verkauft. Dort ist die Achterbahn mit ihren hängenden Wagen die Attraktion in einem Vergnügungspark. In Deutschland fuhr Bruch seinen Eurostar auf 85 Lastwagen mit 16 festangestellten Mitarbeiter permanent durch die Lande. In Düsseldorf mit seinen neun Kirmestagen seien die wirtschaftlichen Risiken wegen der unsicheren Wetterbedingungen nur noch schwer zu kalkulieren.
Düsseldorf ist für Bruch eine "Königin der Volksfeste mit sehr gutem Publikum, den im Vergleich zu anderen Großveranstaltungen wie München oder Stuttgart wenigsten Zwischenfällen, der schönsten Innenstadtlage und einem Stadtmarketing par excellence". Allerdings setzt auch Bruch beim Riesenrad neun Kirmestage ins Verhältnis zu zweieinhalb Wochen Aufbau und fünf Tagen Abbau. In die gleiche Richtung argumentiert Charles Blume, der in Düsseldorf mit seinem 35 Meter hohen und drei Millionen Euro teuren Tower Premiere feiern will. Er plädiert für 16 Tage Kirmes: "Städtetouristen entscheiden über die Wochenenden. Schausteller kommen gerne nach Düsseldorf. Wenn es für sie wirtschaftlich attraktiv bleibt. Dann sind sie auch bereit, mal fünf Millionen Euro in die Hand zu nehmen."