Letzte Bearbeitung am 26-Aug-04 um 09:49 Uhr ()
Aus der Kölnischen Rundschau:Komantschen und ein Kaffee-Automat
Von LUCAS WIEGELMANN
07:16 Uhr
BRÜHL. Das Geprassel der Regentropfen lässt langsam nach. Constantin und Barbara Liebert haben sich nach einem langen Urlaubstag auf ihren Matratzen niedergelassen und kramen erschöpft in ihren Reisetaschen nach dem Kulturbeutel für die abendliche Dusche. Carlo und Mia, die beiden acht und fünf Jahre alten Kinder, zeigen dagegen keine Ermüdungserscheinungen. Ausgelassen spielen sie auf dem braunen Holzboden Fangen und hüpfen kreischend auf den Matratzen herum. Ein ganz normaler Urlaubsabend einer Kleinfamilie also: in einem Indianerzelt.
Der 40-jährige Constantin Liebert arbeitet beim Städtischen Gartenbauamt in Karlsruhe und macht mit seiner Familie zwei Tage Urlaub im Phantasialand. Eine Hotelübernachtung war ihm aber zu teuer. „Heutzutage muss man sparen.“ Deswegen hat seine Familie diese Nacht ein Zelt im neuen „Smokey's Digger Camp“ bezogen. Für 12,50 Euro pro Person kann man dort direkt neben dem Erlebnispark übernachten - Wildwest-Atmosphäre gibt's gratis dazu.
Auf dem Gelände stehen zehn weiße Tipis, die sieben bis zwölf Campern Platz bieten. Die Zelte sind mit Matratzen auf Holzgestellen, elektrischem Licht und Heizung ausgestattet, Bettzeug oder Schlafsack sind selbst mitzubringen. Vor jedem Zelteingang steht ein Gartenkamin, der zum Barbecue einlädt. Eine bunte Abfolge aus Country-Musik, Indianertrommeln, Pferdegetrappel und etwas kitschiger Monumentalklassik à la Winnetou erfüllt die Abendluft: Grüne Plastiklautsprecher stecken überall im Boden und sollen mit der Dauerbeschallung für das nötige Abenteuer-Gefühl sorgen. Durchaus nicht zu jedermanns Zufriedenheit.
„Können Sie das Gedudel nicht mal ausmachen?“ Es ist halb zehn, und Familienvater Liebert fürchtet um die Nachtruhe seiner beiden Kinder. Dirk Schramm dreht bereitwillig die Endlosschleife ab.
Die Zivilisation
lässt grüßen
Der 34-Jährige wird die ganze Nacht in der kleinen Rezeptions-Stube verbringen, um die Ruhe im Camp zu garantieren oder bei Unfällen erste Hilfe zu leisten. „Bis auf einen Wespenstich ist aber noch nie was passiert.“ Im Indianercamp ist die Zivilisation durchaus noch zu spüren. Die Rezeption ist neben einem Aufenthaltsraum („Saloon“) und den sanitären Anlagen in einem großen braunen Wohncontainer mit Holzdeko untergebracht. Der beheizte Saloon beherbergt Cola- und Kaffeeautomaten, im Fernseher läuft RTL. Die Gittertreppe an der Außenwand des Containers führt zu den ebenfalls beheizten sanitären Anlagen. Entbehrungen muss hier kein Urlauber erdulden.
Langsam wird es ruhiger in den Zelten, die Sprachfetzen französischer, holländischer und deutscher Urlauber werden seltener und verstummen zuletzt ganz. Das „Smokey's Digger Camp“ schläft - die umliegende Prärie dagegen ist noch sehr belebt. Der Lärm der benachbarten A 553 hört sich an, als ob der Gold Rush im Rheinland Einzug gehalten und eine motorisierte Hetzjagd auf die ergiebigsten Goldadern begonnen hätte. Fast wünscht sich Herr Liebert wieder die Western-Musik aus der Konserve.
Aber davon ist am nächsten Morgen nicht mehr viel zu spüren. Während sich die Erwachsenen im Saloon am Frühstücksbuffett gütlich tun, fachsimpeln die Kleinen untereinander, in welcher Achterbahn im Phantasialand man besonders gut Schwindelanfälle bekommen kann. Auch der achtjährige Carlo fuchtelt aufgeregt mit einem Prospekt vor der Nase seiner Mama herum, die am liebsten noch einen Kaffee getrunken hätte, aber bald nachgibt: „Dann gehen wir halt jetzt schon in den Park.“ Im nächsten Moment sind die Kinder aus dem Raum gerannt. Ein ganz normaler Urlaub eben. . .
MfG,
Frank
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