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Foren-Name: Spaßbäder
Beitrag Nr.: 176
Beitrag Nr.: 2
#2, RE: Potsdam: Spaßbad für 30 Mio Euro von Architektur-Legende
Geschrieben von jwahl am 24-Jun-05 um 09:54 Uhr

Die Berliner Zeitung berichtet, dass einem vom Lesen schon schlecht wird. Da wird ein brasilianischer 97jähriger Architekt beaufragt anstelle hiesigen aufstrebenden und wahrscheinlich sehr viel billigeren Architekten eine Chance zu geben. Aber die betreffenden Personen wollten wohl mal Dienstreisen nach Brasilien machen...

Die Sparrunden von Rio de Janeiro
Stararchitekt Niemeyer streicht Spaßbad-Entwurf zusammen - Kosten liegen bei 38,5 Millionen Euro
Martin Klesmann

POTSDAM. Und wieder war der Potsdamer Stadtwerke-Chef Peter Paffhausen vergangene Woche nach Rio de Janeiro geflogen. Dieses Mal musste er dem 97-jährigen brasilianischen Stararchitekten Oscar Niemeyer beibringen, dass dessen Entwurf für das Potsdamer Spaßbad viel zu teuer geraten war. Paffhausen war als Sparkommissar unterwegs.

Die Rio-Connection war zu Stande gekommen, weil die Stadt Potsdam sich vor einem guten halben Jahr gedacht hatte, dass sie neben den alten Preußenschlössern doch auch mal neuere Architektur bauen müsste. Die Stadtwerke als Bauherr beauftragten schließlich den Stararchitekten Niemeyer, ein riesiges Freizeitbad am Potsdamer Brauhausberg zu errichten. Staatliche Fördergelder stehen noch zur Verfügung. Das Spaßbad sollte zunächst 31,5 Millionen Euro kosten. Als Niemeyer dann aber Ende März seinen Entwurf aus Rio absandte, war das Entsetzen in Potsdam groß - wegen der Kosten. Denn der Entwurf des Architekten sah plötzlich Gesamtkosten von rund 50 Millionen Euro vor. Fast zwanzig Millionen über dem Limit.

Vergangene Woche stand Paffhausen also samt Portugiesisch-Dolmetscher und Freizeitbad-Projektleiter Wilfried Böhme wieder einmal vor Niemeyers Büro an der Copacabana. Doch der Meister hatte zunächst keine Zeit, denn Kronprinz Felipe von Spanien war gerade zu Besuch. Auch die Spanier wollen sich von Niemeyer noch etwas Spektakuläres bauen lassen.

Endlich wurde die Potsdamer Delegation vorgelassen. Mit dem immer noch äußerst vitalen Niemeyer sprach man zunächst über Fußball, die bevorstehende Weltmeisterschaft in Deutschland und die jüngsten Fan-Krawalle in Südamerika. Dann erst präsentierten die Potsdamer ihre preissenkenden Änderungswünsche. Fünf Tage wurde in den Sparrunden gefeilscht und gefachsimpelt. Dann sagte Niemeyer auf Französisch: "Très bien" - sehr gut. Ein Saunagebäude, ein Fitnessbereich und die Tiefgarage waren ausradiert. Zum Abschluss gingen die ungleichen Partner unweit der Strandpromenade zum Italiener essen. "Niemeyers erster Entwurf war sehr, sehr stark am Architektonischen orientiert. Wir hätten wohl schon früher eingreifen müssen", sagte Stadtwerke-Chef Paffhausen am Donnerstag in Potsdam. 38,5 Millionen Euro soll das Freizeitbad zu Füßen des Landtages nun noch kosten. Der städtische Hauptausschuss hat diesem Kostenplan bereits zugestimmt - gegen die Stimmen der PDS, die die Baukosten nicht über die ursprünglich genehmigten 31,5 Millionen Euro hinausgehen lassen will. Das finanzielle Risiko sei sonst zu groß. SPD, CDU und die meisten anderen Parteien argumentieren hingegen damit, dass ein Niemeyer-Bad städtebaulich erwünscht sei und Potsdam so noch stärker zu einem touristischen Anziehungspunkt werden könne. Der städtische SPD-Fraktionschef Mike Schubert nannte die 38,5 Millionen Euro eine "Maximalsumme". Wichtig sei, dass die Fördermittel wie geplant fließen.

Pfaffhausen sage am Donnerstag, dass er mit 28 Millionen Euro Fördermitteln rechne. Dabei handelt es sich um Infrastruktur-Mittel aus der Gemeinschaftsaufgabe Ost, die von Land und Bund bereitgestellt werden - kombiniert mit EU-Geldern. "Anfang Juli kommen alle nötigen Unterlagen auf den Tisch", sagte Paffhausen. Zehn Millionen Euro müssen die Stadtwerke und die Stadt aufbringen. Die Vergabekammer des Landes muss zunächst noch über die Klage zweier Architekturbüros entscheiden, die bei der Bauausführungsausschreibung unterlegen waren. Sollten diese Firmen gerichtlich klagen, wäre das Großprojekt ernsthaft in Gefahr. Denn die Fördermittel müssen bis 2007 abgerufen sein.