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Foren-Name: Zoos & Tierparks
Beitrag Nr.: 121
Beitrag Nr.: 16
#16, RE: Zoom Erlebniswelt
Geschrieben von Brunos Zoocheck am 10-Okt-06 um 23:40 Uhr

Mike,


>Den verlinkten Artikel habe ich letztes Jahr schon gelesen, mich darüber geärgert,
>bedauernd den Kopf geschüttelt und ad acta gelegt. Irgendwie scheint der gute Mann
>nicht verstanden zu haben, daß ein Zoo im klassischen Sinne (in der Masse) nicht mehr
>genügend Leute anlockt, um auch nur ansatzweise wirtschaftlich arbeiten zu können
>(bestes Beispiel aus jüngster Vergangenheit dürfte ja Hagenbeck sein). Und daß bei
>immer zunehmend schwieriger wirtschaftlicher Lage der Kommunen / Länder die
>Subventionen immer spärlicher fließen werden, dürfte eigentlich auch jedem klar sein.

dass du den Artikel und meine Ansichten schlecht findest, bestärkt mich eigentlich in meiner Ansicht richtig zu liegen (Bad-Taste-Vester-Faktor). Aber jetzt mal Spass beiseite.

1. Auch ein klassischer Zoo kann wirtschaftlich arbeiten. Da der Zoo auch wichtige und förderungswürdige Aufgaben in der Gesellschaft übernimmt, muss er dafür auch subventioniert werden. Eine Selbstfinanzierungsquote von deutlich unter 50% (wie sie vor einem Jahrzehnt noch durchaus üblich war) darf es natürlich nicht mehr geben. Davon sind aber viele Zoos schon deutlich weg. Mittlerweile erwirtschaftet das Gros der deutschen Zoos zwischen 60% und 90% seiner Kosten selbst. Das für den Rest der Träger aufkommt ist auch in Ordnung und nicht anders als bei kulturellen Einrichtungen wie Theater, Oper etc. Hagenbeck ist kein repräsenatives Beispiel, weil der Tierpark Hagenbeck im Normalfall eben KEINE Subventionen bekommt - also eine Selbstfinanzierungsquote von 100% erreichen muss. Die HH hat den Zoo in den letzten Jahren auch nur fallweise unterstützt, um ungünstige Ereignisse abzumildern. Die Stadt Hamburg betont auch in nahezu jedem Statement, dass diese Zuwendungen kein Automatismus sind! Die Gründe, warum Hagenbeck weniger Besucher hatte, liegen vor allem NICHT darin, dass Hagenbeck noch ein klassischer Zoo ist! Gründe waren u.a. die tropischen Sommer 03 und 06, große Tierseuchen wie MKS und Vogelgrippe, das Scheitern von Hagenbeckschen Großprojekten und angeblich auch die WM. Die ersten Punkte führten auch bei anderen Zoos zu Besuchereinbrüchen. Zumal in Hamburg der Zoo auch in den Tierhandel der Firma Hagenbeck mit eingebunden war. Das Tierhandelsgeschäft blüht aber auch schon lange nicht mehr.

Und dass die Zoos von Gelsenkirchen, Hannover und Leipzig einmal rentabel sein sollen, steht mit noch einem gewaltigen Fragezeichen. Die Bauten wurden dort über Kredite finanziert. Glaubst du im Ernst, die Banken wollen das Geld nicht wieder zurückhaben? Im Falle von Hannover ist das Geld komplett aufgebraucht, neue Kredite für weitere Neubauten z.B. Yukon Bay gibt es auf diesem Weg nicht mehr - sie müssten hauptsächlich spendenfinanziert werden. D.h. in den nächsten Jahren wird es nicht mehr solche tollen Neuigkeiten geben wie in den vergangenen Jahren, der Zoo muss aber trotzdem diesen hohen Schuldendienst leisten. Hannover hat jetzt schon die höchsten Preise in Deutschland, wenn es bald nicht mehr so viele Neuigkeiten gibt, wollen sich dann noch genügend Familien (Hauptbesuchergruppe im Zoo) den teuren Spass leisten? Ich kann dir die Antwort darauf nicht geben, aber das Gegenteil zu behaupten, ist blauäugig. Und ähnliche Sorgen dürfte meines Erachtens auch ZOOM haben. Geldscheißer sind die garantiert nicht. In der Planungsphase hieß es, dass der Zoo rund eine Millionen Besucher braucht, um rentabel zu sein. Das ist auch die Zahl mit der der Zoo plant, wenn alles fertig ist. Imletzten Jahr lag die Zahl bei 520.00, sicherlich wird Afrika die Zahl deutlich nach oben pushen und auch Asien wird seinen Teil beitragen. Aber 2008 ist alles fertig, das Geld ausgegeben, der Preis zum 3. Mal erhöht, aber die Millionen müssen regelmässig, Jahr für Jahr weiterkommen, sonst droht der finanzielle Zusammenbruch.
Und, Nein, ich kenne die Zahlen von Hannover und ZOOM nicht(bis auf die ca. 1 Millionen Besucher, die für die Wirtschaftlichkeit nötig sein sollen, das stand zusammen mit der Planung auf der Homepage der GEW), aber ich weiß aus Gesprächen mit Mitgliedern des Zoovereins Hannover (sind Miteigner des Zoos!), dass sie zu andauernden Erfolg verdammt sind, weil es sonst nämlich düster aussieht.

>Was mich an diesem Artikel aber weitaus mehr fuchst, ist die moralinsaure Grundhaltung,
>mit dem Herr Schöne hier dem potentiellen Zoobesucher vorschreiben will, was er zu
>mögen hat und was nicht. Mich kriegen normalerweise keine zehn Pferde in einen Zoo,
>weil ich spätestens nach dem zehnten (immer gleich aussehendem) Gehege vor Langeweile
>sterbe. Gerade Hannover und Gelsenkirchen haben mich dagegen angelockt, begeistert und
>als Wiederholungsbesucher geworben. Und ich gehe mal stark davon aus, daß auch Marcel
>allgemein nicht unbedingt zu den Dauer-Tierpark-Besuchern gehört - bei ihm scheint das
>Konzept auch aufgegangen zu sein.

Ich weiß nicht in welchen Zoos du bisher gewesen bist. Ich weiß nur, dass es in Deutschland viele interessante "normale" Zoos gibt, die sich sowohl untereinander als auch in den einzelnen Gehegen eines Zoos unterscheiden. Aber nichts für ungut, du oder Marcel seit nicht wirklich repräsentativ für die Zoobesucher. Du glaubst es vielleicht nicht,a ber die meisten Besucher kommen noch wegen der Tiere selbst. Eine Elefantengeburt heizt die Zuschauerzahlen z.B. mehr an als ein neues "Abenteuergehege"...
>
>Mag sein, daß der zoo-interessierte Biologe beim Anblick von Simulator oder Bootsfahrt
>die Nase rümpft. Dann muß er sich aber auch gefallen lassen, daß er den Trend zum
>Edutainment, das den Tierparks endlich wieder Geld in die Kassen spült, schlicht
>verschlafen hat (oder hat wollen).

Geh mal nach Emmen, dann weißt du was wirkliches Edutainment ist. Pappkulissen hinzustellen hat nicht wirklich etwas mit Edutainment zu tun. Es sei denn, du planst einen Park über das Trapperleben...


>Ja, der Mensch steht vielleicht im Mittelpunkt. Aber
>den Tieren selbst dürfte das herzlich egal sein - vor allem, wenn diese Tatsache ihnen
>eine Zukunft sichert. Und ob unsere animalischen Freunde nun in einer perfekt
>thematisierten Kunstwelt stehen, bei welcher der Besucher mit Freude hinschaut oder in
>einer potthäßlichen Betonumgebung, stört die Tiere wahrscheinlich auch nur perifär.

Die Alternative zur thematisierten Kunstwelt ist aber NICHT die potthässliche Betonumgebung, sondern eine natürlich gestaltete, gerne auch mit Abenteuerflair angereicherte und mit Informationselementen ausgestattete Gesamtanlage. Also bitte nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Dass du alte Anlagen aus den 60ern mit dem nagelneuen Zooteilen von ZOOM vergleichst, ist schon ein bischen unfair, findest du nicht?
>
>Das einzige, was bei diesen neuartigen Zoos vielleicht auf der Strecke bleiben mag, ist
>der wissenschaftliche Charakter. Man könnte fast den EIndruck haben, als ob sich
>bestimmte Leute nur darüber ärgern, daß die Zoofreunde plötzlich nicht mehr unter sich
>sind, sondern banal gesagt der Wald- und Wiesentourist auch Interesse an einem
>Wochenendausflug in einen Tierpark zeigt.

Sorry, Mike, ich habe selten so einen Schwachsinn gelesen. In die Zoos gehen im Normalfall eh ganz normale Menschen, Familien hauptsächlich, also eh schon das Klientel, was du als Wald-und Wiesentouristen bezeichnest. Und mir, oder anderen, die sich etwas intensiver mit Zoos beschäftigen, unterstellen zu wollen, wir würden uns dann nicht mehr als die elitären Zookenner fühlen können und wären deshalb sauer, ist so selten dämlich, dass es schon wieder komisch ist. Das war ein echter "Vester"...

Um es auch dir noch einmal zu erklären: ärgernde Zoofreunde wie ich, ärgen sich nur deshalb, weil das eh schon begrenzte Geld für Zoos nur peripher den Tieren (die es dringend bräuchten)zu gute kommt, sondern in der Hauptsache Menschen. Dass schon den Kindern immer weniger Natur gezeigt wird, sondern am besten deren künstlicher Ersatz.

Warum zum Teufel kann sich ein Biber seinen Bau nicht selber bauen, sondern muss in eine Betonhöhle einziehen - im Jahr 2004! Oh ja, lieber Mike, das macht einen Unterschied - weil nämlich das eigene Fällen von dargereichten Stämmen und das Bauen einer Höhle aus dem Holz eine Verhaltensanreicherung darstellt, wie es sie besser für den Biber kaum geht.

Und um noch zu deinem 2. Beitrag zu kommen. Jawohl, ich nehme mir das Recht heraus, über so ein Thema eine andere Meinung zu haben. Wie kommt eigentlich jemand wie du auf die Idee mir das absprechen zu wollen?


mit tierischen Grüßen

Brunos Zoo-Check