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Beitrag Nr.: 175
#175, Großes Theater am Nürburgring
Geschrieben von MarcelR am 24-Nov-09 um 11:18 Uhr

Großes Theater am Nürburgring
Untersuchungsausschuss verhandelt seit 17.11. öffentlich über politische Fehler

Von Karin Dauscher
MAINZ. Es ist das beherrschende landespolitische Thema seit Jahresbeginn: Der 2007 begonnene Ausbau der Rennstrecke am Nürburgring zum Freizeit- und Geschäftszentrum, das zu einem 300-Millionen-Euro Steuergrab zu werden droht.

Die gescheiterte Privatfinanzierung kostete Finanzminister Ingolf Deubel (SPD) das Amt. Erstmals in der Regierungszeit von Ministerpräsident Kurt Beck musste ein Kabinettsmitglied gehen. Dieser Schritt sollte einen Neuanfang markieren, doch was sich seither ereignet, erinnert mal an ein Drama, mal an absurdes Theater.

Um die Vergangenheit geht es im parlamentarischen Untersuchungsausschuss, der ab heute ...

... die Arena ...

... für Schaukämpfe zwischen Opposition und Regierung sein wird. CDU und FDP wollen der SPD-Alleinregierung und insbesondere Beck persönlich nachweisen, die Misere an der Rennstrecke maßgeblich zu verantworten. Fehler bei der Planung und Ausführung werden gesucht, die Auswahl von Geschäftspartnern wird hinterfragt. Es geht um die Ex-Partner in der Finanzierung, um Berater, die mit dem Bremer Spacepark bereits ein Millionenprojekt aus dem Freizeitbereich in den Sand gesetzt haben. Auf Wunsch der SPD fangen die Abgeordneten bei der Vor- und Frühgeschichte an. Diese soll beweisen, dass schon die CDU zu ihren Regierungszeiten vor 1991 Probleme am Ring hatte. Und die SPD will Zeit gewinnen, bis andere Akteure ihr Stück aufführen können, und zwar ...

... im Staatstheater.

Dort basteln unter Ausschluss der Öffentlichkeit die neuen Verantwortlichen an einer Lösung der akuten Probleme am Nürburgring. Schon im September, die Bauarbeiten waren trotz Einweihung noch nicht abgeschlossen, musste Wirtschaftsminister Hendrik Hering (SPD) einräumen, dass das Geschäftsmodell des Freizeit- und Geschäftsparks überarbeitet werden müsse. Nun wartet er auf ein Gutachten des Beratungsunternehmens Ernst & Young, das die aktuelle wirtschaftliche Situation am Ring analysieren soll. Nürburgring-Aufsichtsratschef Ernst Schwanhold hatte dies für Mitte November angekündigt. Nun heißt es aus dem Ministerium, die Ergebnisse sollen zusammen mit einem überarbeiteten Geschäftsplan "noch in diesem Jahr" vorgestellt werden. Im Juli rettete das Land das Unternehmen mit einem Gesellschafterdarlehen von fünf Millionen Euro vor der drohenden Insolvenz. Eine Kreditfinanzierung des Ausbaus steht auch vier Monate nach dem Scheitern der Privatfinanzierung noch nicht. Geld besorgt sich das Unternehmen aus dem Liquiditätspool des Landes. "Mit technischer Unterstützung" des Finanzministeriums, so heißt es wiederum aus dem Wirtschaftsministerium, werden Kreditgeber gesucht für die Nürburgring GmbH, die eigentlich ...

... auf der Hauptbühne ...

... spielt, dort jedoch unter Zuschauermangel leidet. Statt der erwarteten 280.000 Besucher im Ringwerk, jenem überdachten Freizeitzentrum mit Motorsportmuseum, werden es in diesem Jahr wohl nur 100.000 sein, es drohen Einnahmeverluste in Höhe von 600.000 Euro. Die Hauptattraktion, die Achterbahn "Ring-Racer", steht noch immer still, der Boulevard, in dem sich zum Beispiel Autofirmen präsentieren, ist oft leer. Besser soll es um das Lindner-Kongress-Hotel mit Spielcasino bestellt sein und um das Eifeldorf "Grüne Hölle" mit Restaurants, Kneipen und Disco. Diese betreibt der einst private Investor Kai Richter, der mit 85 Millionen von der landeseigenen Förderbank ISB unterstützt wurde. Der Chef der Nürburgring GmbH, Walter Kafitz, steht indessen ...

... auf der Ein-Mann-Bühne ...

... und wartet dort auf seine Abberufung per goldenem Handschlag. Warum der Geschäftsführer und Ideengeber des Ausbauprojekts "Nürburgring 2009" bleiben konnte, während der Aufsichtsratsschef und Finanzminister Deubel im Juli ging, ist noch immer ein Rätsel. Kafitz Vertrag läuft noch bis März 2014. Dass Kafitz vielleicht noch auf der ...

...Polizeibühne ...

... auftreten muss, ist derzeit nicht abzusehen. Dort ermittelt die Staatsanwaltschaft Koblenz gegen frühere Geschäftspartner der Nürburgring GmbH. Die Pinebeck-Geschäftsführer Michael Merten und Norman Böhm, die rund eine Million Euro Beraterhonorar dafür erhalten haben, dass sie eine günstige Finanzierung des Ausbaus finden, stehen unter Betrugsverdacht. Sie sollen ebenso wie der verdächtige Schweizer Kaufmann Urs Barandun nur vorgetäuscht haben, dass sie die Finanzierung bewältigen könnten. Tatsächlich seien die Pinebeck-Leute auf das Beraterhonorar aus gewesen.

Von der Staatsanwaltschaft stammt die Information, Barandun sei nicht auffindbar. Dessen Anwalt Jens Beyer bestreitet dies. Dazu Horst Hund, Leitender Oberstaatsanwalt in Koblenz: "Äußerungen von Anwälten sind nicht von großem Interesse." Was Barandun unterdessen macht, sieht nach ...

... Kasperletheater ...

... aus. Er ist immer noch bemüht, den Nachweis zu erbringen, dass im Juli eine Anzahlung über 100 Millionen Euro von einem amerikanischen Investor eingegangen sei. Zur Erinnerung: Die Landesregierung hatte mitgeteilt, dass die Schecks nicht werthaltig seien und deshalb die Verträge gekündigt. Der mutmaßliche Investor Pierre S. Dupont V. habe von der Geschichte nichts gewusst. Die Sicht Baranduns: Es lag eine Namensverwechslung vor. Nur durch das übereilte Verhalten der Landesregierung sei das Geschäft und damit die Privatfinanzierung geplatzt. Sein Ziel: Den Nürburgring auf Schadenersatz zu verklagen. Baranduns Manko: Seit Juli ist es ihm nicht gelungen, seine Geschichte nachzuweisen.

Quelle: Rheinpfalz.de