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#1, No Name City - Der Film
Geschrieben von WP am 20-Apr-06 um 18:51 Uhr


www.derStandard.at:

Alle(s) unter einen Cowboyhut gebracht
Florian Flickers erster Dokumentarfilm "No Name City" eröffnet in Graz die aktuelle Ausgabe der Diagonale

Florian Flicker ("Der Überfall") hat mit "No Name City" seinen ersten Dokumentarfilm gedreht. Am Dienstag eröffnet er in Graz die aktuelle Ausgabe der Diagonale.

Wien/Graz - Fragt man Florian Flicker, ob er eigentlich ein Western-Fan sei, muss er erst einmal lachen. "Nein, gar nicht", sagt er dann. Dabei scheint die Idee nicht so abwegig. Immerhin ist der Schauplatz seines jüngsten Films eine "mit viel Herzblut" betriebene Westernstadt im Süden Wiens. Und immerhin, so hat der Regisseur im Gespräch mit dem STANDARD eben noch erzählt, hat er diesen Ort in den vergangenen vier Jahren immer wieder aufgesucht und irgendwann schließlich den Wunsch verspürt, ein Filmteam dorthin mitzunehmen.

Logis im Westernhotel

Allerdings stand diesbezüglich von Anfang an eher die Idee im Vordergrund, dieses Soziotop, diese "kleine Welt" mit ihren "ausgeprägten Charakteren" zu erkunden. Gemeinsam mit Birgit Gudjonsdottir (Kamera) und Georg Misch (Ton) quartierte sich Flicker also für einen Monat im "Silver Star Hotel" ein.

"Es gab vorab ein Drehbuch, nur ein paar Seiten lang, mit Szenen, die ich dort so ähnlich schon erlebt hatte und von denen ich wusste, so etwas hätte ich gern wieder. Nach drei Tagen war klar, das geht so nicht. Auch die Protagonisten haben sich geweigert, etwas nachzustellen. Aber als wir dann zufällig vor laufender Kamera etwas von den internen Konflikten mitbekamen, haben wir gemerkt, das könnte die Geschichte des Films werden."

Diese internen Konflikte entzünden sich gewissermaßen an der alten Westernfrage, wem die Stadt "gehört". Die vermeintliche verschworene Gemeinschaft derer, die praktisch ihr gesamtes Leben dem Betrieb des Minithemenparks widmet, zeigt Brüche. Der ökonomische Druck aufgrund rückläufiger Einnahmen tut das Seine.

Menschen in - nicht zuletzt auch räumlich definierten - Ausnahmesituationen haben Flicker schon bei seinen Spielfilmen interessiert: In Halbe Welt (1993) zwangen tödliches Sonnenlicht und ein mächtiger Konzern die Bevölkerung in eine Art Untergrunddasein. In Suzie Washington, der die Diagonale 1998 eröffnete, schickte er eine Frau ohne Aufenthaltsgenehmigung quer durch Österreich. In Der Überfall (2000) schließlich sperrte er drei Männer nach einem missglückten Raubversuch in einem Geschäftslokal zusammen.

Im Fall von No Name City werden der Regisseur und sein Team nun selbst in das Geschehen involviert - nicht nur dann, wenn Flicker vom Sheriff persönlich beim Erwerb der Western-Grundausstattung beraten wird.

Kein Gucklochblick

"Ich habe mir gewünscht, dass wir als Filmteam sichtbar werden. Ich wollte nicht außen stehen. Und ich wollte den voyeuristischen Gucklochblick vermeiden." Und: "Ich habe ja auch ausgepackt, weil ich mich vor die Kamera gestellt habe und es da Szenen gibt, die ich nicht gerne sehe, weil ich mir selbst peinlich bin. Aber das war dann die Aufgabe des Cutters, zu sagen, das kommt rein und das nicht. Bezüglich meiner Anwesenheit im Film war ich beim Schnitt nicht ausschlaggebender Entscheidungsträger."

Nicht nur aufgrund dieser Anwesenheit ist No Name City ein sehr persönlicher, melancholischer, aber auch unterhaltsamer Film geworden. Dass Flicker als Dokumentarfilmemacher eine Art von Quereinsteiger ist, habe, so meint er, auch eine gewisse Offenheit und Wendigkeit mit sich gebracht: "Dass der Film statt gefunden hat, ist außerdem auch sehr auf Ralph Wieser als Produzenten zurückzuführen. Er hat gesagt, den Film machen wir, und er hat mir zugetraut, einen Dokumentarfilm zu drehen."

Mit rund 160.000 Euro ist No Name City dabei recht bescheiden budgetiert. "Na ja, wenn es nach mir ginge, hätte ich schon vor zwei Jahren einen neuen Spielfilm gemacht - der ist aber immer noch in der Finanzierungsphase. Allerdings wollte ich nach dem Drehbuchschreiben, das mich jetzt jahrelang beschäftigt hat, auch wieder raus aus der Stube und in die Realität rein. Wenn man einen Monat in der Westernstadt lebt, setzt man sich dem ja wirklich aus. Auch wenn es vielleicht pathetisch klingt: Wir sind Teil der Stadt geworden." (Isabella Reicher, DER STANDARD, Printausgabe vom 20.3.2006)

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Link zum Park:
http://www.nonamecity.at