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#16, Frankfurter Neue Presse: 'Mit Achterbahn-Training gegen die Flugangst'
Geschrieben von Boris am 24-Mai-04 um 10:09 Uhr

Mit Achterbahn-Training gegen die Flugangst

Haßloch. Sorgenfalten, Schweißtropfen auf der Stirn und nasse Hände statt purer Vorfreude: Es ist nicht jedermanns Sache, in einer Achterbahn mit Tempo 120 mehr als 60 Meter in die Tiefe zu stürzen. Trotzdem wollen manche nicht einfach auf die rasante Fahrt in Schwindel erregender Höhe verzichten. Um beim nächsten Kirmes- oder Freizeitparkbesuch einsteigen zu können, waren am Freitag 28 Angsthasen zum «Anti-Angst-Achterbahn Seminar» in den Holiday-Park nach Haßloch in der Pfalz gekommen.

«Manchmal stehen Menschen bis zu zwei Stunden an, um dann kurz vor dem Einstieg in eine Achterbahn kehrt zu machen», sagt der Leiter des Flugangst-Zentrums Rüsselsheim, Marc-Roman Trautmann. Kaum eine Angstvorstellung lassen die Teilnehmer im Alter zwischen 16 und 48 Jahren aus. «Vielleicht könnten sich ja die Bügel lösen und ich falle raus, oder die Bremsen versagen», bekennt ein Mann. Er habe schon Angst, eine Haushaltsleiter hinaufzusteigen.

Eine junge Frau befürchtet sogar, in der Achterbahn zu sterben: «Wenn das alles so schnell geht, dann habe ich wirklich Angst vor einem Herzinfarkt.» Diese Sorgen zu vertreiben – darum geht es neben Trautmann auch dem Kardiologen und Notfallmediziner der Universitätsklinik Mannheim, Jürgen Kuschyk, und dem Cheftechniker der Achterbahn Wieland Kathe.

Die 46-jährige Beatrix Bohnert aus dem badischen Östringen ist noch nie Achterbahn gefahren. «Ich habe Angst vor der Geschwindigkeit und dass ich auf die Fahrt keinerlei Einfluss habe», erzählt sie. Diese Angst sei irreal, erläutert Trautmann. «Aber im Gehirn steigert sie sich bis zur Panik.»

Beim ersten Kontakt mit der 63 Meter hohen Riesenachterbahn im Park bricht eine Teilnehmerin in Tränen aus. «Das war einfach zu viel für mich», erzählt Sina Wiedemeyer (18) aus dem Sauerland. Fahren jedoch will sie später «auf alle Fälle». Sie hatte sich ihren Platz für 131 Euro im Internet ersteigert. «Ich wollte unbedingt hierhin», sagt sie. Den anderen Teilnehmern war das Seminar immerhin 99 Euro wert.

Mit Aufklärung über die Sicherheitsstandards der Achterbahn und die Reaktion des menschlichen Kreislaufs auf die Fahrt versuchen die Referenten den Ängsten die Grundlage zu entziehen. Dann sollen Entspannungsübungen alle lockerer machen. «Ich bin selbst darauf gespannt, wie die Teilnehmer nachher an der Bahn reagieren», sagt Psychologe Trautmann. «Es ist das erste Mal, dass ich so ein Achterbahn-Seminar mache.»

Am Ende steigen drei Kursteilnehmer trotz aller Übungen nicht ein. Für die anderen 25 wird die Fahrt nach rund acht Stunden Seminar zum packenden Erlebnis. «Ich hatte so eine Angst, als ich vorhin neben der Bahn stand», erzählt eine junge Frau aus Köln, «aber jetzt nach der ersten Fahrt bin ich nur noch begeistert. Es war einfach super und das waren nicht meine letzten Fahrten».

Im Juli und September sind weitere «Anti-Angst-Achterbahn-Seminare» geplant (www.holiday-park.de).

von Norbert Bach © Frankfurter Neue Presse 24.05.2004