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#14, TV Tip
Geschrieben von Jens Wolters am 22-Apr-06 um 08:55 Uhr

Achterbahn-Bau - Wie aus Stahl ein Nervenkitzel der Superlative wird
von Christian Kahlstorff

Sie heißen „Tower of Terror“, „Colossus“ oder einfach „Speed“ - und der Name ist Programm: Moderne Achterbahnen (englisch: Roller Coaster) beschleunigen so schnell wie Formel-1-Boliden, rasen senkrecht in Richtung Erde und vollführen Überschläge, die sonst nur Flugzeuge schaffen.

Im englischen Oakwood Vergnügungspark wurde an Ostern „Speed“ offiziell in den Dienst gestellt. Die Loopingbahn bietet alles, was sich Adrenalin-Fans wünschen können: In drei Sekunden beschleunigt sie von 0 auf 95 Stundenkilometer, überschlägt sich zweimal und durchfährt eine Kurve mit 110 Grad Neigung. Den ganz spezielle Kick bieten aber zwei andere Stationen: Die Achterbahn fällt nicht wie andere Modelle steil oder gar senkrecht in die ersten Schikanen, mit einer Bahnneigung von 97 Grad fällt sich mehr als senkrecht ab! Der so genannte Camelhump (Kamel-Buckel) dagegen lässt die Passagiere für einen Moment regelrecht in die Luft gehen. Mit einer Beschleunigung von -1 g werden die Fahrgäste aus den Sitzen gehoben.

Spektakulär und sicher

Natürlich muss bei „Speed“ niemand um sein Leben fürchten. Modernste Sicherheitsmaßnahmen halten die Waggons auf der Strecke. Möglich machen das vor allem die Reifen auf, neben und unterhalb der Schienen. Bauleiter Franz Maier erklärt: „Diese Reifenanordnung und Kombination sorgt dafür, dass das Fahrzeug sicher auf der Schiene bleibt. Die Laufrollen müssen den Druck aushalten, bei 4,5 g kommt bei 2 Tonnen Gewicht einiger Druck. Die Seitenrollen müssen das Fahrzeug in der Spur halten, damit wir keine Schlingerbewegung kriegen und die Gegenrollen sind dafür zuständig, dass dieses Fahrzeug auf der Schiene bleibt und nicht bei Abheben der Kräfte aus der Schiene fällt.“

Nicht nur die Schienen und die Waggons, auch das Gerüst einer Achterbahn muss höchsten Sicherheitsstandards genügen. „Speed“ wird von einer 500 Tonnen schweren Stahlkonstruktion gestützt. 200 Stahlpfeiler halten die Bahn sicher auf Kurs. Moderne Magnetbremsen haben die anfälligen Scheibenbremsen ersetzt. Doch beim Bau von „Speed“ wurden auch andere wissenschaftliche Erkenntnisse genutzt.

Zwei Inversionen (Überkopf-Drehungen) auf 640 Meter Bahnlänge, dazu diverse weitere Drehungen und Hügel - „Speed“ bietet Achterbahnfans ein reiches Spektrum an Adrenalin-Stößen. Möglich werden derartige Fahrten erst durch neue wissenschaftliche Erkenntnisse. In alten Achterbahnen sind die Überschläge meist kreisrund. Diese Form führt zu einer erheblichen Belastung des Körpers bei Ein- und Ausfahrt aus dem Überschlag. Neue Loopings haben eine so genannte Klothoid-Form, die den Körper weit weniger belastet. Eine weitere Innovation: Die so genannte Herzlinie. Hierbei drehen sich die Bahnen nicht um die Schiene, sondern den Körpermittelpunkt der Fahrgäste (das Herz). Die Belastung des Körpers wird auf ein Minimum reduziert, der Spaß bleibt. Ein Fahrelement wurde sogar nach dieser Erfindung benannt: die Heartline-Roll.

Knochenharte Abfahrten und Russische Berge

An Sicherheit dachte im Russland des 16. Jahrhunderts noch niemand: Dort beginnt die Geschichte der Achterbahnfahrt mit rasanten Schlittenfahren von Holztürmen über blankes Eis. Häufig endeten die Rutschpartien mit gebrochenen Armen und Beinen. Ende des 18. Jahrhunderts ersetzen Rad und Schiene die Kufen aus Eis. Die „Montagnes Russes“, also die russischen Berge, fanden zunächst in Frankreich großen Anklang. Von dort verbreiteten sie sich auf den Festplätzen in Europa und den USA.

Woher kommt eigentlich die Acht in Achterbahn?

Ende des 19.Jahrhunderts bauen Ingenieure die ersten Bahnen in Form einer Acht. Aus dieser Zeit stammt auch der Name „Achterbahn“. Immer spektakulärer werden die Konstruktionen. Die ersten Überkopf-Fahrten enden für einige Fahrgäste tödlich – die Loopings verschwinden zunächst von den Jahrmärkten. Die Fahrstrecken aus Holz werden immer höher, verschlungener und länger. Die Wagen erreichen bis zu 50 Stundenkilometer- ohne Gurt und Schulterbügel ein gefährliches Vergnügen. Noch bis Ende 1960 sind solche Bahnen in Betrieb.

Heute sind die Fahrgeschäfte spektakulär und sicher. Neben den klassischen Holz-Achterbahnen ohne Looping gibt es diverse verschiedene Formen und Arten, die miteinander um Höhe, Geschwindigkeit und letztlich den größten Adrenalin-Kick wetteifern.

(c) RTL II

Das wichtigste: RTL II, 23.04.2006, 19:00 Uhr