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Beitrag Nr.: 25
#25, Bilanz eines gescheiterten Lebens
Geschrieben von TheOnlyOne am 13-Okt-05 um 13:15 Uhr

Die Berliner Morgenpost hat den reumütigen Norbert Witte im Gefängnis besucht.

Ein Artikel vom 9.10.:

Quote

Bilanz eines gescheiterten Lebens

Charlottenburg: Ehemaliger Spreepark-Chef Norbert Witte bedauert seine Taten: "Ich habe mir alles selbst eingebrockt"

Von Sabine Flatau

Norbert Witte verbüßt eine siebenjährige Haftstrafe in der Haftanstalt Plötzensee. Aus dem Fahrgeschäft-Betreiber vom Spreepark ist nachdenklicher Mann geworden. Ein Besuch in seiner Zelle.

Eng und hoch ist die Zelle, in der Norbert Witte wohnt: an der linken Wand ein Schrank, dahinter ein kleiner Tisch und ein Stuhl. An der rechten Seite ein Bett, ein Waschbecken, eine Toilette. Dazwischen ein schmaler Gang. Seit Ende Juli verbüßt der ehemalige Spreepark-Chef seine Strafe in der Justizvollzugsanstalt Plötzensee.

Im April 2004 hatte ihn das Landgericht Berlin wegen versuchten Drogenschmuggels zu sieben Jahren Haft verurteilt. Norbert Witte, der 2002 den hochverschuldeten Spreepark in Berlin verließ und in Peru einen Freizeitpark aufbauen wollte, hatte sich mit der südamerikanischen Drogenmafia eingelassen. 167 Kilogramm reines Kokain sollten in einem seiner Fahrgeschäfte illegal nach Deutschland verschifft werden. Die peruanische Polizei deckte den Deal Anfang November 2003 auf und verhaftete Wittes Sohn Marcel in Lima. Fast gleichzeitig nahmen Mitarbeiter des Bundeskriminalamtes Norbert Witte in Berlin fest.

Er war bis Juni 2005 im Haftkrankenhaus Moabit und anschließend einen Monat in der Justizvollzugsanstalt Tegel. Nun ist er einer von 48 Insassen der Station 3 im Haus 1 am Friedrich-Olbricht-Damm in Charlottenburg, einem 1869 errichteten Backsteingebäude. Der 50jährige ist jetzt im sogenannten offenen Vollzug. "Gegen Moabit ist es hier wie im Wohnheim", sagt er. Das Fenster ist nicht vergittert und gibt den Blick auf den Kirchturm der Haftanstalt frei. Die Zellentür steht offen, doch der Gefangene kann sie auch abschließen, je nach Belieben. Offener Vollzug bedeutet, daß weniger Sicherheitsvorkehrungen dagegen getroffen werden, daß ein Gefangener entweicht. In welchem Maß die Haftbedingungen weiter gelockert werden, darüber wird in Plötzensee in den nächsten Monaten entschieden. Ein gewichtiges Wort hat die Sozialarbeiterin der Station. Aber Norbert Witte ist schwer herzkrank. Er hat mehrere Infarkte hinter sich. Deshalb ist an Freigang - das Arbeiten außerhalb der Gefängnismauern - zunächst nicht zu denken. Vor wenigen Monaten wurde er im Humboldt-Krankenhaus operiert. Drei Blutgefäße sind wieder frei. Doch ein Teil des Herzmuskels ist abgestorben. Deshalb darf er nur leichte Tätigkeiten verrichten.

Der einstige Spreepark-Chef ist Hausarbeiter in Plötzensee. Von 7 bis 15 Uhr schrubbt er Flure, Gemeinschaftsräume und Toiletten. Täglich außer mittwochs. Dafür bekommt er 180 Euro im Monat. Nur 70 Euro gibt es bar auf die Hand. Der Rest ist für eine ferne Zukunft gedacht, für die ersten Wochen in Freiheit. Dann soll ihm das sogenannte Überbrückungsgeld helfen, über die Runden zu kommen. "Noch zwei Jahre und neun Monate", sagt Witte. Dann wird er zwei Drittel der sieben Jahre Haft verbüßt haben, zu denen er verurteilt wurde. Die "Zweidrittel-Regelung" komme für ihn in Frage, hat die Justiz ihm kürzlich bestätigt. Natürlich nur bei guter Führung. Der Tag der Entlassung wäre der 4. Juli 2008 - das Datum hat sich Norbert Witte fest eingeprägt. Er streicht die Tage, Wochen und Monate im großen Jahreskalender über seinem Bett ab. Über dem Tisch auf der anderen Zellenseite hängt die Pinwand mit den Fotos der Töchter und der Hunde. Keins von Pia Witte, die von ihm geschieden wurde.

Auch keins vom Sohn Marcel, der in Peru im Gefängnis sitzt, weil ihn der Vater in den Rauschgiftdeal mit hineinzog. Diese Last drückt. Norbert Witte wird still, in sich gekehrt, wenn die Rede darauf kommt. "Eine bittere Nummer", nennt er es. Er weiß, daß sein Schwiegersohn in Peru mit Fahrgeschäften unterwegs ist und sich um Marcel kümmert. "Das, was ich getan habe, kann ich nicht ungeschehen machen", sagt er schließlich. "Ich habe es mir eingebrockt, und ich muß es auslöffeln. Aber ich kann den Strafvollzug mit Ordnung und Anstand überstehen." Die Töchter besuchen ihn, manchmal sogar die Enkel.

"Die meiste Zeit verbringe ich auf der Hütte", erzählt Norbert Witte. Er liest Zeitungen, sieht fern. Versinkt in Nachdenken. "Wenn man sein Leben lang gearbeitet hat und den Abschluß nicht hinkriegt, dann kommt man ins Grübeln", sagt er. Und hofft, daß ihm eines Tages auch erlaubt wird, für ein paar Stunden die Gefängnismauern zu verlassen. "Irgendwann bin ich auch mal dran."


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Man könnte ja fast Mitleid mit ihm haben...

Gruß,
Frank