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Foren-Name: Phantasialand
Beitrag Nr.: 3134
Beitrag Nr.: 33
#33, Springfrosch gegen Aqua-Park: Streit ums Phantasialand
Geschrieben von GROBI am 07-Mai-08 um 15:17 Uhr


Brühl. Stundenlang spaziert Monika Linzmeier manchmal durch den Wald
im Naturpark Rheinland bei Brühl und genießt die Stille, besonders jetzt
im Frühling. «Wie viel mir das bedeutet, habe ich erst gemerkt, als ich
gehört habe, dass hier massiv abgeholzt werden soll.»

Weil der Freizeitpark Phantasialand seine Fläche verdoppeln will, sollen
nach Schätzungen von Umweltschützern 30 Hektar Wald weichen. Ein Gebiet
so groß wie vierzig Fußballfelder.

Für Diplombiologin Linzmeier nicht nur emotional, sondern auch ökologisch
ein Unglück, denn ein Teil des Waldes steht unter Naturschutz. «Das gibt
ein Artensterben», sagt sie. Im neuen Aqua-Park wird der Springfrosch wohl
keine neue Heimat finden, und das will Linzmeier nicht hinnehmen. Sie hat
eine Bürgerinitiative gegründet und sammelt Unterschriften gegen den Ausbau.

Um bedrohte Existenzen geht es aber auch der anderen Seite. Ohne Erweiterung
drohe die Insolvenz, sagt Birgit Reckersdrees, die Marketing-Direktorin des Phantasialands. Rund 450 Festangestellte und 900 Saisonkräfte würden dann
ihrem Job verlieren. «Der Trend geht in Richtung Kurzurlaub, die Besucher
wollen zwei Tage bleiben.» Daher brauche man zusätzliche Hotels, ein Theater, Sportanlagen, Picknickplätze.

Als die Gründer des Parks, Gottlieb Löffelhardt und Richard Schmidt, vor
40 Jahren ihren Märchenwald auf eine ehemalige Braunkohlegrube setzten,
haben sie daran wohl nicht im Traum gedacht. Das rächt sich nun. Eine
Ausdehnung nach Norden und Osten ist wegen Wohnbebauung kaum möglich,
im Süden liegt die Autobahn. Bleibt der Weg nach Westen - in den Naturpark.

Die Konkurrenz habe längst expandiert, argumentiert Reckersdrees.
Der Europapark Rust bespaßt seine Besucher auf 85 Hektar. Im Phantasialand
sei es zu Spitzenzeiten viel zu voll. Die Brühler Stadtverwaltung und
Wirtschaftsverbände unterstützten das Erweiterungsvorhaben, das sich das
Unternehmen einen dreistelligen Millionenbetrag kosten lassen will.

Schließlich versprechen die Parkbetreiber, mit der Fläche auch die
Belegschaft zu verdoppeln. «Der Freizeitpark ist einer der wenigen
Arbeitgeber im Kreis, wo Geringqualifizierte noch einen Job finden»,
gibt Saskia Niemann von der Industrie- und Handelskammer Rhein-Erft zu
bedenken.

Damit die Bagger in den Wald vorrücken dürfen, bedarf es einer Änderung
des Regionalplans. Der Regionalrat der Bezirksregierung Köln entscheidet
darüber im Juni, dann muss die Landesregierung zustimmen. Erst danach ist
wieder die Stadt im Spiel. Umweltverbände und die Grünen haben bereits
Widerstand angekündigt. «Im Rhein-Erft-Kreis gibt es ohnehin wenig Wald,
was wir haben, sollte erhalten bleiben», fordert Agnes Niclasen,
stellvertretende Vorsitzende der Brühler Grünen. Vorerst wird also weiter
gestritten um Ausgleichsflächen, Umweltgutachten und wirtschaftliche
Perspektiven.

Um die Situation zu entschärfen, hat die Bezirksregierung einen
Kompromissvorschlag an den Regionalrat gesandt: Die Genehmigung von 16
Hektar statt der gewünschten 30. So könnte es kommen, vermuten einige.
Monika Linzmeier ist auch das zu viel. «Wenn das Unternehmen erstmal
seinen Fuß in dem Gebiet hat, kommen bald neue Erweiterungsanträge»,
fürchtet sie. Aber auch das Phantasialand würde einen solchen Kompromiss
ablehnen: Der Ausbau rechne sich wirtschaftlich nur bei 30 Hektar, sagt
Birgit Reckersdrees. «Sonst lassen wir es ganz.»

Von Steffen Berner, dpa
Aachener Nachrichten am 07. Mai 2008